Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Bundesregierung zu Sofortprogrammen unter anderem im Verkehrssektor verurteilt. Die Kläger nennen Tempolimit und Abbau klimaschädlicher Subventionen als Möglichkeit. Der Bundesregierung ist aber noch die Revision offen.
Neuer Rückschlag vor Gericht für die Ampel: Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat die Bundesregierung verurteilt, Sofortprogramme für mehr Klimaschutz im Verkehr und bei Gebäuden aufzulegen. Der 11. Senat gab am heutigen Donnerstag Klagen der Deutschen Umwelthilfe und des Umweltverbands BUND statt. Die Kläger begrüßten das Urteil und forderten sofortiges Handeln etwa mit einem Tempolimit. Die Regierung kann aber in Revision gehen und die Wirkung des Urteils damit aufschieben.
Es geht um das Klimaschutzgesetz, das derzeit für jeden Sektor jährliche Ziele zur Senkung der schädlichen Treibhausgase vorschreibt. Werden diese in einzelnen Sektoren verfehlt, muss laut Paragraf 8 des Gesetzes das jeweils zuständige Ministerium mit einem Sofortprogramm gegensteuern. 2022 wurden die Ziele für Verkehr und Gebäude gerissen. Die Lage ist aber kompliziert, weil die Ampel bereits verabredet hat, genau die jetzt vor Gericht umstrittenen Klauseln zu ändern.
Das Gericht stellte nun fest, dass die Bundesregierung mit zusätzlichen Maßnahmen gegensteuern muss, um die Klimaziele für die Jahre 2024 bis 2030 sicher zu erreichen. Die Vorsitzende Richterin Ariane Holle legte in der mündlichen Begründung dar, dass die Regierung zwar im Oktober 2023 als Reaktion auf die zu hohen Emissionswerte ihr Klimaschutzprogramm ergänzt habe. Das sei aber ein eher mittel- bis langfristiges Instrument. Das im Gesetz geforderte Sofortprogramm sei etwas anderes.
„Bei Sofortprogramm und Klimaschutzprogramm handelt es sich um zwei unterschiedliche Instrumente“, sagte Holle.
Das Sofortprogramm sei als konkrete Reaktion auf eine Zielverfehlung vorgesehen, um die Erfüllung der Ziele in den folgenden Jahren sicherzustellen, begründete die Vorsitzende Richterin das Urteil. Das Argument der Bundesregierung, die Klage sei gar nicht zulässig, wies das Gericht zurück.
Die Koalition will mit der verabredeten Änderung der jetzt vor Gericht umstrittenen Klauseln sicherstellen, dass nicht mehr für jeden Sektor verpflichtende Jahresziele umzusetzen sind, sondern dies nur noch für die Einhaltung der Gesamtziele beim Klimaschutz gilt. Diese Reform ist aber noch nicht beschlossen und sehr umstritten. Bei den Klimazielen selbst soll es bleiben: Gesetzlich festgelegt ist, dass die Treibhausgase bis 2030 um 65 Prozent im Vergleich zu 1990 sinken müssen. Erreicht waren im vergangenen Jahr gut 40 Prozent Minderung.
Für die Deutsche Umwelthilfe sagte Geschäftsführer Jürgen Resch der Deutschen Presse-Agentur: „Wir freuen uns sehr, weil wir lange auf dieses Urteil gewartet haben. Jetzt kommt es genau zum Auftakt der Weltklimakonferenz in Dubai. Das ist kein Zufall.“
Die Bundesregierung habe attestiert bekommen, dass sie ihre eigenen Klimaziele nicht einhalte.
„Das ist eine ganz eindeutige Aufforderung, jetzt nicht mit weiteren Taschenspielertricks um Maßnahmen herumzukommen“, meinte Resch.
Jetzt müssten alle Maßnahmen ergriffen werden, die zumutbar seien und nichts kosteten oder sogar Geld einbrächten.
Resch nannte ein Tempolimit auf Autobahnen und ein sofortiges Sanierungsprogramm für öffentliche Gebäude wie Schulen oder Kitas sowie den Abbau klimaschädlicher Subventionen, der seiner Ansicht nach das nötige Geld in die öffentlichen Kassen bringen könnte. Er erwarte, dass die Reform des Klimaschutzgesetzes nicht komme und dass die Bundesregierung auch nicht in Revision gehe.
„Nein, Deutschland muss jetzt ein Zeichen setzen“, sagte der Verbandsvertreter.
Der Klägeranwalt Remo Klinger räumte allerdings ein, dass eine Revision zum Bundesverwaltungsgericht die Wirkung des Berliner Urteils zunächst aufschieben würde.
„Ich rechne erstmal damit, dass die Revision eingelegt wird durch die Bundesregierung“, sagte Klinger.
Er erwarte aber auch vor dem Bundesverwaltungsgericht einen Erfolg.