Frischelieferung vom Kühllager außerhalb, zu Verbrauchermärkten in der City – theoretisch das perfekte Anforderungsprofil für den MAN eTruck, der für die Rewe Group Österreich in Wien unterwegs ist.
Obst, Gemüse, Joghurt, Milch, Butter oder Eier – kurzum fast alles, was Kunden in den Frischeabteilungen von Billa-, Penny-, Merkur- und ADEG-Märkten in und um Wien täglich einkaufen, kommt aus dem Frischdienstlager der Rewe International AG in Wien Inzersdorf. Rund 90 Millionen Bestelleinheiten verlassen pro Jahr die riesigen Kühlhallen. Seit September 2018 auch geräuscharm und lokal emissionsfrei mit einem MAN TGM 26.360 E. Die Rewe Group Österreich ist Mitglied im österreichischen Council für Nachhaltige Logistik (CNL) und ein weiterer Partner, der im Rahmen des MAN eTruck Feldversuchs einen rein elektrisch angetriebenen Verteiler-Lkw im realen Praxiseinsatz testet.
In der Spätschicht, zwischen 15 Uhr am Nachmittag und etwa 24 Uhr in der Nacht, ist Istvan Nemeth mit dem eTGM unterwegs und liefert, je nachdem wie viel die Filialen ordern, in zwei bis drei Touren die Waren aus, die dann bei Ladenöffnung am nächsten Morgen ganz frisch im Regal liegen. Der 53-jährige arbeitet bereits 23 Jahre als Lkw-Fahrer bei der Rewe Group Österreich, doch ein so außergewöhnliches Arbeitsgerät, wie der E-Lkw, ist ihm bislang noch nicht begegnet. „Das Fahrgefühl, der reagiert sofort auf jede kleinste Bewegung am Pedal. Die erste Runde damit war unglaublich. Ich hatte einfach nur ein Grinsen im Gesicht – und hab‘ es noch!“, fasst er seine Eindrücke zusammen. Andere scheint sein Gefährt ebenfalls zu faszinieren: „Wir waren schon öfters der Hingucker bei den obligatorischen nächtlichen Schwerlastkontrollen der Polizei auf der Wiener Süd-Ost-Tangente der A4. Die ganze Mannschaft lässt da immer alles andere stehen und liegen, um sich neugierig den MAN anzuschauen.“
Feldversuch merzt technische Schwachstellen aus
Zwischenzeitlich hatte der gelernte Automechaniker allerdings auch die Gelegenheit, Erfahrungen mit den nicht ganz kalkulierbaren Macken eines Prototyps zu machen… „Natürlich ist ein Lkw, der nicht läuft, nicht toll, aber ich denke es ist gut, wenn etwaige technische Schwachstellen sich jetzt zeigen. Deshalb gibt es doch den Feldversuch. Diese Dinge sind in der zukünftigen Serienfertigung kein Thema mehr, glaube ich.“ Was Istvan Nemeth am meisten an den Ausfallzeiten störte? Er lacht: „Na, dass ich wieder einen Diesel-Lkw fahren musste, während der eTruck in der Werkstatt war. Ein echter Kulturschock!“
Das Einsatzgebiet des eTGM umfasst Wien Stadt sowie einen Radius von etwa 50 Kilometern. „Probleme mit der Reichweite hatte noch keiner von uns, im Gegenteil“, beschreibt Istvan Nemeth, „gestern zum Beispiel hatte ich knapp 100 Kilometer, immer Hebebühneneinsatz, viel Kühlleistung und trotzdem noch gute 40 Prozent des Akkus übrig. Mit dem E-Lkw möglichst wirtschaftlich zu fahren, ist außerdem ein besonderer Ansporn für mich, denn hier hast du das ja sofort digital vor Augen.“ Wenn er den Truck zum Schichtende an die 150kW-Hochleistungsladesäule anhängt hat, trägt der Testfahrer Verbrauch, Reichweite, gefahrene Kilometer und Anmerkungen zu technischen Dingen penibel in eine Übersicht ein.
Das Klemmbrett mit den Notizen seines Kollegen ist das Erste, was Boban Stevanovic in die Hand nimmt und liest, nachdem er den Ladevorgang der Lkw-Akkus überprüft hat. Er startet nämlich als Nächster morgens um fünf Uhr mit dem reinelektrischen 26-Tonner zur Frühschicht. „Die Fahrer, die mit diesem Lkw arbeiten, und die Projektleitung im Fuhrparkmanagement tauschen sich intensiv aus und besprechen alles was ihn angeht“, erklärt Boban. „Er ist schließlich unser besonderes Baby. Klingt vielleicht ein bisschen verrückt, ist aber so.“
MAN eTruck macht Zukunft erlebbar
Der 40-jährige arbeitet seit 2005 als Lkw-Fahrer und seit fünf Jahren bei der Rewe Group Österreich und sagte sofort ja, als er gefragt wurde, ob er Testfahrer werden will. „Mein Sohn besucht die Höhere Technische Lehranstalt und seine Klassenkameraden haben mich gelöchert mit ihren Fragen als sie mitbekommen haben, dass ich einen E-Lkw fahre. Neugierig auf die Zukunft sollten wir Erwachsene auch sein, finde ich.“ Persönlich würde er sich noch etwas mehr Reichweite wünschen, damit man zukünftig darauf gar nicht mehr achten muss, aber darüber hinaus empfindet er den eTruck bereits jetzt als ein sehr gutes Fahrzeug: „Er ist komfortabel, geht richtig gut vom Fleck und schont die Umwelt.“
Die Fahrer haben inzwischen über 20.000 Testkilometer gesammelt und sind offensichtlich angetan von ihrem elektrischen „Baby“. Wie sieht Rewe Fuhrparkleiter Harald Camondo das? „Der eTruck ergänzt als zusätzliches Fahrzeug unsere eigene, 54 ziehende Einheiten umfassende, Flotte am Standort Wien Inzersdorf. Weshalb etwaige Ausfälle zwar nicht schön, aber verschmerzbar sind. Die Disposition plant ihn ein wie jeden anderen unserer Lkw. Denn wenn er normal läuft, ist er wirklich top. Deshalb passt der E-MAN grundsätzlich gut zu uns“, erläutert er und ergänzt lächelnd: „Naja und zum Fahren ist er schlicht und ergreifend genial, das kann ich nicht anders sagen.“
Einsatz serienreifer E-Lkw ist möglich
Da für den Betrieb der 35.000 Quadratmeter großen Kühllagerhallen auf dem Gelände bereits Hochvoltleitungen geführt wurden, war auch die Errichtung einer „High-Power-Charging“-Station mit 150 kW relativ unkompliziert möglich. „Der eTGM ist in etwa 45 Minuten vollständig aufgeladen und dank Schichtbetrieb müssten auch nicht alle Fahrzeuge gleichzeitig am Saft hängen. Serienreife eTrucks könnten wir an diesem Standort also ohne Weiteres mehrere einsetzen“, ist sich der eTruck-Projektleiter sicher.
Für den Einsatz reinelektrischer Verteiler-Lkw sieht Harald Camondo verschiedene mögliche Anreize: „Eine Sache ist die Maut. Die setzt die österreichische Asfinag aus Kilometerleistung, CO2-Emissionsklasse und Tag-Nacht-Tarif zusammen. Es gibt lokal keine Emissionen, der Truck ist leise und wir könnten verstärkt nachts liefern. Das sollte bei der Erhebung berücksichtigt werden. Schön wäre auch, wenn, was die Anlieferungszeiten angeht, Lärmschutz-Restriktionen ein bisschen gelockert würden.“ Neben der Transport- und Logistikbranche empfindet der Fuhrparkleiter gerade beim Thema Ladeinfrastruktur auch die Regierung, Stromprovider und Technikhersteller in der Pflicht: „Diese Sache kann etwas werden, es geht eben um Investitionen und vor allem auch um den Willen – die Rewe Group hat ihn.“
Brummionline Pressestelle