Wer sich hin und wieder über Brummi-Rennen auf der A4 ärgert, der kennt das Problem. Wer zudem oft online einkauft, sollte die Ursache des Problems kennen: Der Güterverkehr auf den Straßen wird seit Jahren immer mehr – dafür sind nicht zuletzt die vielen kleinen Bestellungen verantwortlich, die irgendwie zum Endkunden kommen müssen.
Die Folgen zeigen sich nicht nur auf der A4, über die Waren zwischen Deutschland und Polen rollen. Sie zeigen sich auch auf Landstraßen und in Innenstädten in Form von Verkehrschaos und schlechter Luft.
Verkehrsforscher von der TU Dresden haben jetzt ein Konzept erarbeitet, mit dem mehr Güterverkehr auf die Schiene verlagert werden soll. Der Kern des Lösungsvorschlags ist ein „Bahn-City-Portal“, eine Schnittstelle zwischen Schiene und Straße. Die Idee: Auf der weiten Strecke kommt die Lieferung mit der Bahn, wird dann an einem zentrumsnahen Bahnportal auf Elektrofahrzeuge entladen, die den letzten Teil der Lieferkette übernehmen.
Rainer König, Lehrstuhlinhaber für Bahn, öffentlichen Stadt- und Regionalverkehr an der TU Dresden, ist überzeugt, dass auf diese Weise „ein Zeitgewinn im Schienenfernverkehr und Vorteile bei der Sendungsverteilung erzielt werden kann“.
Denn Zeit ist ein zentraler Faktor beim Warentransport. Gerade kleine Sendungen können schneller und flexibler auf der Straße transportiert werden. Daher hat der traditionelle Güterverkehr auf der Schiene immer öfter das Nachsehen. Güterzüge eignen sich eher für schwere Güter auf langen Strecken.
2016 wuchs der Gütertransport laut Statistischem Bundesamt zum vierten Mal in Folge auf 4,6 Milliarden Tonnen. Dabei liefen allein 3,6 Milliarden Tonnen über die Straße, was einer Zunahme von 1,5 Prozent entspricht. Am stärksten legte der Luftfracht-Sektor zu mit einem Plus von 3,3 Prozent. Immer weniger genutzt werden indes Eisenbahnverkehr und Binnenschifffahrt.
Das wird so wohl auch weitergehen. Die 2014 vorgestellte Verkehrsprognose 2030 der Bundesregierung sagt kräftige Zuwächse auf Deutschlands Straßen voraus. Gegenüber 2010 wird demnach der Güterverkehr um 38 Prozent ansteigen. Prognosen der EU sprechen für den Zeitraum von 2005 bis 2050 sogar von einer Steigerung des Güterverkehrs um 90 Prozent.
Verkehrsexperte Rainer König erwartet, das die Hauptlast die Straße zu tragen hat. Zwar machen die vielen kleinen Paket-, Kurier- und Expressdienste aktuell noch nicht so viel aus, aber dieses Segment wächst stetig. Hier müsse angesetzt werden, um die Situation auf der Straße dauerhaft entspannen zu können. Der Verkehrsträger Schiene könne „ohne eine Veränderung seiner Leistungsfähigkeit und ohne Veränderungen in den bahnaffinen Logistikketten der Unternehmen nicht zunehmen“, erwartet König.
Mit dem von ihm konzipierten Bahn-City-Portal könnte das Verkehrsaufkommen auf der Straße in und außerhalb der Stadt effektiv gemindert werden, ist der Verkehrsforscher überzeugt. Mit dem Bahntransport bis in die Stadt hinein soll der außerstädtische Wirtschaftsverkehr in größerem Umfang von der Straße auf die Schiene gelenkt werden. Dem Verkehrskollaps auf den Autobahnen werde so entgegengewirkt.
Auch das Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau hält es für unerlässlich, den Schienengüterverkehr zu fördern. Denn der sei ein unverzichtbarer Baustein für mehr Klimaschutz im Güterverkehr.