Über fünf Jahre hat das Fraunhofer-Institut ein neues Weltraumradar entwickelt. Der Schwertransport rollte durch Wachtberg und Bonn.
Nach fünfjähriger Bauzeit waren Sender und Empfangseinheit von Gestra am Freitag in Wachtberg auf Schwertransporter verladen worden. Nachdem der Start ursprünglich am Sonntagabend erfolgen sollte, musste er aufgrund eines technischen Defekts am Hydraulikaggregat auf Montag verschoben werden.
Die Sendeeinheit rollte auf dem Tieflader von Wachtberg auch durch Bonn. Was dann noch folgte, war der Container mit dem Radar-Empfänger und die zwei Radarkuppeln (Radome), die ebenfalls auf eigenen Spezialfahrzeugen.
Gegen 2.30 Uhr war für den Transport auch die Südbrücke in Bonn gesperrt. In Schrittgeschwindigkeit rollte der Gestra Container über die Südbrücke – aufgezeichnet im Video vom Fraunhofer-Institut. Gegen 3 Uhr hatten auch die beiden Radone den Rhein überquert und der Transport war in Pützchen angekommen. Von dort rollte die Forschungsfracht dann weiter bis Oberpleis. Am Dienstag soll es in der zweiten Etappe nach Koblenz weitergehen.
Schwertransport wiegt 180 Tonnen
Ziel ist der Standortübungsplatz der Bundeswehr Koblenz-Schmidtenhöhe. Hier soll das Radar dann zusammengebaut und im September in Betrieb gehen, erklärt Thomas Eversberg, der das Projekt beim DLR in Oberkassel leitet. Die Aufgabe des neuen Radars bestehe vor allem in der „Detektierung von Weltraumschrott im internationalen Kontext“: „Wir versuchen, nicht den Schrott zu beseitigen, wir versuchen ihn zu sehen“, stellte er klar. Spätestens seit dem US-Film „Gravity“, in welchem US-Schauspielerin Sandra Bullock eine Astronautin mimt, deren Space Shuttle vom Trümmerteil eines Satelliten schwer beschädigt wird, wisse auch eine breitere Öffentlichkeit von dem Problem.
Mit „Gestra“ unternehme man nun „den ersten Schritt zur Beschreibung der Lage im Weltraum im niedrigen Orbit, sprich zwischen 300 und 3000 Kilometer Bahnhöhe“, so Eversberg. Vereinfacht ausgedrückt, sei das Ziel, eine Art Routensystem zu erstellen, in welchen Korridoren Raumfahrt ohne eine Kollisionsgefahr möglich ist.
Der Handlungsdruck ist groß: Mittlerweile gibt es laut DLR-Experte Untersuchungen etwa der TU Braunschweig, „wonach wir im Jahr 2100 keine Raumfahrt mehr betreiben können, wenn wir jetzt nichts tun“. Von daher seien die Entwicklungskosten von etwa 40 Millionen Euro für „Gestra“ gut angelegtes Geld.
Verladung war eine Herausforderung
Helmut Wilden, der beim FHR ein besonderes Projekt verantwortet, erklärte, 180 Tonnen geballte Hochleistungstechnik, verteilt auf zwei Stahlcontainer, sensibel per Schwerlastkran auf Tieflader zu hieven sei schon eine Kunst. Umso mehr, „als sich die Last in dem Container unterschiedlich verteilt“, erklärte er. Das übernahm die Firma von Dietmar und Marco Floßdorf , die einen klangvollen Namen in der Branche hat, „und sich bereits seit Langem auf den Einsatz vorbereitet hat“, sagte Sohn Marco Floßdorf: Die ersten Planungen hätten bereits vor drei Jahren begonnen. Nur eine Herausforderung bei der Umsetzung: Zwei Schwerlastkräne, 500 Tonnen und 300 Tonnen schwer, mussten quasi aufeinander abgestimmt die Container gleichzeitig auf den Spezialtieflader heben; mit der Sendeeinheit ging es los.
Wegen des unterschiedlich verteilten Gewichts kam auch eine spezielle Aufhängung zum Einsatz, so Fraunhofer-Projektleiter Wilden. Außerdem besonders reißfeste, doppelt geschlungene Kunststoffschlaufen aus Polyester, ergänzte Logistikexperte Flossdorf Junior, Tragevermögen bis zu 15 Tonnen: „Wir haben das im Vorfeld alles ganz genau berechnet.“