Verstärkung in Extremsituationen: Feuerwehr Stuttgart setzt auf geländegängige Unimog

  • Branddirektion Stuttgart beschafft vier neue Unimog für den Katastropheneinsatz, wie beispielsweise die Waldbrandbekämpfung.
  • Neuzugang im Fuhrpark ist ein Rüstwagen auf Basis des Unimog U 323 mit nur 2,20 Metern Breite für schmale Wald- und Weinbergwege.
  • Außerdem Beschaffung von zwei baugleichen Tanklöschfahrzeugen TLF-W und eines Rüstwagens RW-HG auf Basis des hochgeländegängigen Unimog U 5023.
  • Die vier neuen Fahrzeuge können gemeinsam mit zwei älteren Unimog eine taktische Einheit bilden.
  • 35 Feuerwehrleute trainieren im Offroad-Testgelände Ötigheim mit den vier neuen Unimog für Einsätze mit extremen Geländeanforderungen.

Leinfelden-Echterdingen / Wörth am Rhein / Ötigheim – Dürre und Trockenheit mit erhöhter Waldbrandgefahr auf der einen Seite, ungewöhnlich starke Regenfälle, Hochwasser und Überschwemmungen auf der anderen: Im Zusammenhang mit dem Klimawandel zählen Extremwetter zunehmend zu den großen Herausforderungen bei Feuerwehr und Katastrophenschutz. Die Branddirektion von Stuttgart hat sich nun für die Anschaffung von insgesamt vier neuen Mercedes-Benz Unimog entschieden. Die beiden Rüstwagen U 323 RW-K (kompakt) und U 5023 RW-HG (hochgeländegängig) dienen der technischen Hilfeleistung, die zwei baugleichen Tanklöschfahrzeuge Unimog U 5023 TLF-W dem Löschmitteltransport im Gelände. Die vier neuen Unimog verfügen über aufgabenspezifisch ausgestattete Feuerwehr-Aufbauten vom Typ „Varus 4×4“ des Feuerwehr-Spezialausrüsters Schlingmann.

Dr. Georg Belge, Amtsleiter der Branddirektion Stuttgart: „Die topografische Lage mit Bergen, Tälern, schwierigen Steilhanglagen und engen Zufahrtswegen in Stuttgart und Umgebung erfordert Feuerwehrfahrzeuge für den extremen Geländeeinsatz. Bei der Beschaffung war daher die hohe Geländegängigkeit der Unimog ausschlaggebend, um im Katastrophenfall oder bei Unfällen als taktische Einheit schnell agieren und effizient Hilfe leisten zu können.“

Stuttgart: Aufbau taktischer Einheit zur Brand- und Katastrophenbekämpfung

Die vier neuen Unimog können mit zwei älteren Tanklöschfahrzeugen auf Basis des U 1250 eine „Task Force“ bilden. Ziel ist sowohl die effiziente Bekämpfung gefährlicher Vegetations- und Waldbrände als auch der Katastropheneinsatz bei kritischen Hochwasserlagen und Überschwemmungen. Die Unimog ergänzen sich im Löschzug durch die schnelle Wasserlieferung der Tanklöschfahrzeuge Waldbrand (TLF-W) in Kombination mit der technischen Hilfeleistung durch die Rüstwagen (RW). Die Unimog dieser bundesweit einzigartigen taktischen Einheit stehen bei der Branddirektion Stuttgart für Einsätze in der Region und darüber hinaus abrufbar zur Verfügung. Stationiert sind sie an den Standorten der Stuttgarter Freiwilligen Feuerwehr in den Stadtbezirken Uhlbach (U 323 RW-K), Degerloch (U 5023 RW-HG), Heumaden und Büsnau (die beiden U 5023 TLF-W).

Schulung für den Einsatz unter herausfordernden Geländebedingungen

Ende Juli haben 35 Feuerwehrleute der Freiwilligen Feuerwehr Stuttgart unter Leitung der Branddirektion Stuttgart mit den vier neuen Unimog den Einsatz im Alarmfall trainiert. In der sogenannten „Kiesgrube“, einem extremen Testgelände für hochgeländegängige Fahrzeuge in der badischen Gemeinde Ötigheim, konnten sie die Offroad-Fähigkeiten des Unimog in extremen Einsatzsituationen unter Anleitung erfahrener Trainer kennen- und einschätzen lernen.

Die Einsatzfähigkeit der vier Unimog bei Schlamm- und Wasserdurchfahrten, Sandstrecken, Baumstammüberquerungen, Verwindungs- und Gefällstrecken sowie auf den bis zu 35 Grad steilen Rampen des Unimog Testgeländes stieß auf ein begeistertes Echo. „Die Unimog übertreffen die Anforderungen an die Geländegängigkeit“, sagte Christian Schwarze, Leiter der Abteilung Technik der Branddirektion Stuttgart. „Das herstellerseitige Angebot des Offroad-Trainings in Ötigheim gab unseren Maschinisten die Möglichkeit, das Handling in extremen Situationen zu erfahren und dabei großes Vertrauen in die Einsatzfähigkeiten des Unimog aufzubauen. Es war ein voller Erfolg – ich blickte in durchweg zufriedene Gesichter!“

Schnelle Anfahrt bei engen Zufahrtswegen mit erstem „Rüstwagen kompakt“

Eine Besonderheit ist der erste „Rüstwagen kompakt“ (RW-K) auf Basis des allradgetriebenen U 323 4×4 aus der Unimog Geräteträger-Baureihe. Er ist für eine Truppbesatzung mit drei Feuerwehrleuten ausgelegt und weist eine Fahrgestellbreite von nur 2,20 Metern auf. Das ermöglicht ein schnelles Erreichen vieler Einsatzorte, denn Stuttgart verfügt über Weinbau- und Waldgebiete mit sehr schmalen und steilen Straßen und Wegen. Dank der hohen Traktion des U 323 ist die Durchführung effizienter Hilfeleistungs- und Rettungsmaßnahmen ganzjährig auch bei widrigen Wetterverhältnissen möglich.

Der Unimog U 323 RW-K hat ein Gesamtgewicht von 12,7 Tonnen, einen Radstand von 3,60 Metern und Differenzialsperren an Vorder- und Hinterachse, die beide als Portalachsen ausgeführt sind. Er verfügt über ein Automatic-Shift-Schaltgetriebe (EAS) mit Geländegruppe sowie eine Motorleistung von 170 kW (231 PS). Die erhöhte Anhängelast für das Mitführen eines Zentralachsanhängers beträgt bis zu 20 Tonnen. Zwei LED-Scheinwerfer auf dem Fahrerhausdach, die Umfeldbeleuchtung mit zusätzlichen LED-Spots auf den vorderen Aufbauecken sorgen in Verbindung mit einem pneumatischen Lichtmast für eine gute Ausleuchtung des Einsatzorts. Die Ausrüstung umfasst darüber hinaus eine Klimaanlage, die den Feuerwehrtrupp an Bord vor Hitze schützt und bei Kälte ein Beschlagen der Scheiben verhindert. Wie alle vier neuen Unimog verfügt auch der U 323 über Astabweiser zum Schutz vor Beschädigungen und eine Seilwinde an der Fahrzeugfront. Wie bei allen Rüstwagen liegen die Aufgabenschwerpunkte des U 323 RW-K in der technischen Hilfeleistung.

Das Aufbaugerippe besteht aus rostfreien, geschweißten Spezialprofilen aus Edelstahl. In den LED-beleuchteten Geräteräumen, Auszügen, Fächern und Halterungen sind Werkzeuge und Spezialgeräte verstaut. Dazu zählen Motorketten- und Säbelsägen, Trennschleifer, Sappies, Fällheber, Hebekissen, ein Hebebaum, ein Chokerseil, eine Schleifkorbtrage, ein hydraulischer Rettungssatz sowie die Schutzkleidung der Besatzung. Im Dachkasten finden neben einer Multifunktionsleiter, einem 230-Volt-Ladegerät und den Batterien auch ein Flaggensatz und Geräte für die Grobreinigung des Einsatzorts ihren Platz. Ein tragbarer und manuell bedienbarer mechanischer Greifzug mit 16 kN Zugkraft ist ebenfalls Teil der feuerwehrtechnischen Ausrüstung des kompakten U 323 RW-K.

Neuer „Rüstwagen hochgeländegängig“ U 5023 RW-HG

Hochgeländegängig, Gesamtgewicht 14,5 Tonnen, Radstand 3,85 Meter, Motorleistung 170 kW/231 PS sowie ein automatisiertes Schaltgetriebe mit Geländegruppe zählen ebenso zu den charakteristischen Eigenschaften des neuen Unimog U 5023 RW-HG der Branddirektion Stuttgart wie die Ganzstahlkabine für einen Drei-Mann-Trupp, die Schubrohrtechnik der Portalachsen mit hundertprozentig wirkenden Längs- und Querdifferenzialsperren oder die Rohrbruchsicherung für die Bremsanlage.

Die Konzeption und die Ausrüstung des Aufbaus mit Werkzeugen und Geräten zur technischen Hilfeleistung entsprechen im Wesentlichen der des U 323 RW-K. Allerdings hat der tragbare Greifzug des U 5023 RW-HG eine erhöhte Zuglast von 32 kN. Wie auch die beiden TLF-W ist das Fahrzeug ist mit einer Reifendruckregelanlage ausgestattet. Der Luftdruck und damit die Aufstandsfläche der Reifen kann so per Knopfdruck für das Befahren unterschiedlicher Untergründe angepasst werden, um sowohl auf asphaltierten Zubringerwegen als auch auf sandigen und schlammigen Böden effizient voran zu kommen. Mit einer Watfähigkeit von 1,2 Metern kann der Rüstwagen – wie auch die beiden TLF-W – in überfluteten Gebieten eingesetzt werden. Auf dem Dach des Aufbaus können zudem bei allen drei U 5023 jeweils bis zu zehn Personen bei Rettungs- und Evakuierungsmaßnahmen in Sicherheit gebracht werden.

Neu konzipiert: die beiden Tanklöschfahrzeuge Unimog U 5023 TLF-W

Die Branddirektion Stuttgart verfügt über die ersten zwei Fahrzeuge eines neuen Typs, der speziell für die effiziente Bekämpfung von Vegetations- und Waldbränden vorgesehen ist und sich zugleich auch bei Wasserkatastrophen einsetzen lässt.

Beide Fahrzeuge verfügen über einen sehr niedrigen „Varus 4×4“-Aufbau von Schlingmann in Edelstahl-Aluminium-Verbundbauweise mit sehr tiefem Schwerpunkt. Darin ist der T-förmige Löschwassertank mit einem Volumen von 3200 Litern integriert. Die Doppelkabinen bieten jeweils Platz für einen Vier-Personen-Löschtrupp samt Schutzkleidung und Ausrüstung. Zwei seitliche Geräteräume und ein Geräteraum im Heckbereich stehen für die nötige feuerwehrtechnische Beladung zur Verfügung. Sie können flexibel durch Dachkästen und weitere Lagerungen ergänzt werden. Die Räder sind mit Reifendruckregelanlage und Beadlock-Felgen auf besondere Anforderungen, wie das Befahren frisch abgebrannter Vegetationsflächen, ausgelegt.

Aus zwei Dachluken über den hinteren Sitzen können im Pump-and-Roll-Verfahren bis zu 2000 Liter Löschwasser pro Minute abgegeben werden. Ein Frontsprühbalken sowie Sprühdüsen vor allen vier Rädern und am Astabweiser der Kabine ermöglichen bei Waldbrandeinsätzen einen weitreichenden Eigenschutz der Fahrzeugbesatzung. In besonders kritischen Situationen steht der Besatzung eine motorunabhängige Selbstschutzanlage zur Verfügung, die über zwei separate Sicherheitstanks mit je 230 Litern Wasser gespeist wird. Zur Ausrüstung zählen auch eine Feuerlöschkreiselpumpe mit Entlüftungseinrichtung, ein 60 Liter fassender Schaummitteltank zur Netzmittelzumischung (reduziert die Oberflächenspannung des Wassers, damit es besser in das Brandgut eindringen kann) und 20 Druckschläuche.

Die Unimog U 5023 TLF-W verfügen außerdem über Wassertankheizungen, Wärmebildkameras und Intercom-Sprechanlagen, die im Regelfall eine störungsfreie Kommunikation sicherstellen. Spezielle Hitzeschutzummantelungen für betriebsrelevante Leitungen sorgen für zusätzliche Sicherheit. Die Scheinwerfer an Front und Heck, die Umfeldbeleuchtung im Dachbereich sowie die Sondersignalanlage sind in LED-Technik ausgeführt und sorgen für eine bessere Sicht bei Dunkelheit oder schlechten Wetterverhältnissen.

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