Seit Jahren baut der Staat die Kapazitäten der Zollfahndung systematisch aus. Eines der wichtigsten Beschäftigungsfelder bildet der Kampf gegen die Schwarzarbeit – und hier insbesondere die sogenannte Scheinselbstständigkeit. Gerade Transport- und Logistikunternehmen stehen im Fokus: Denn bei vermuteter Scheinselbstständigkeit liegt die Branche noch vor der Bauwirtschaft bundesweit auf Platz 1.
So gab es im vergangenen Jahr eine bundesweite Aktion der Hauptzollämter für die Betriebe. Die Beamten interessieren sich neben Scheinselbstständigkeit für unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung, Mindestlohn und illegale Ausländerbeschäftigung. Werden die Fahnder fündig, drohen neben erheblichen Nachforderungen Strafverfahren wegen vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge, im schlimmsten Fall bis zu fünf Jahre Gefängnis.
Haftung für Subunternehmer
Scheinselbstständigkeit stellt das größte Risiko dar. Dabei wird es für die verantwortlichen Geschäftsführer der Transport- und Logistikbranche nicht nur eng, wenn sie selbst gegen die Vorschriften verstoßen. Sie müssen auch dafür geradestehen, wenn von ihnen eingeschaltete Subunternehmer rechtsbrüchig werden. Hier schauen das Hauptzollamt, die Deutsche Rentenversicherung und das Finanzamt nämlich ganz genau hin.
Die Folgen von solchen Verstößen können für Spediteure gravierend sein. Es geht nicht nur ums Geld, sondern oftmals um existenzielle Fragen. So wurde der Geschäftsführer eines Transportunternehmens vom Landgericht Landshut wegen vorsätzlich nicht gezahlter Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von rund 245.000 EUR zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und acht Monaten verurteilt. Das Gericht blieb also nur knapp unter dem Strafmaß, welches einen Gefängnisaufenthalt zur Folge hat. Die Höhe der Nachforderungen war für den Betrieb letztlich existenzvernichtend – denn zur nachzuzahlenden Viertelmillion EUR kamen noch erhebliche Säumniszuschläge hinzu.
Wesentliches Kriterium bei der Abgrenzung zwischen Selbstständigkeit und sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung ist, ob der Beschäftigte quasi in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert wurde. Dann deutet vieles auf Scheinselbstständigkeit hin. Für Selbstständigkeit spricht, wenn der Subunternehmer unternehmerisches Risiko trägt er Fahrzeuge einsetzt, die auf ihn zugelassen und mit eigenem Kapital angeschafft oder selbst finanziert wurden er selbst bestimmen kann, wer die Aufträge wie erledigt.
Stellt die Prüfbehörde Scheinselbstständigkeit fest, sieht sich der Spediteur der geballten Staatsgewalt gegenüber. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) qualifiziert die vom Subunternehmer in Rechnung gestellten Beträge als Löhne und setzt darauf Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge fest. Eingezogen und unmittelbar vollstreckt werden diese Beiträge durch die zuständige Krankenkasse, die sich dabei ohne eigene Prüfung auf die Feststellungen der DRV verlässt. Verhandlungen über eine Stundung gestalten sich dann äußerst schwierig.
Das Finanzamt verlangt Lohnsteuer, streicht den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen und erhebt Zinsen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Steuerhinterziehung und Vorenthaltens von Sozialversicherungsbeiträgen. Die Interessen des betroffenen Unternehmers werden dabei nur selten berücksichtigt.
Durchsuchungen drohen
Besteht der Anfangsverdacht einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, veranlasst die Staatsanwaltschaft üblicherweise eine Durchsuchung. Der Betrieb wird währenddessen mehr oder weniger stillgelegt. Unterlagen, die für das laufende Geschäft benötigt werden, werden ebenso beschlagnahmt wie Mitarbeiter vernommen. Die Rechte und Pflichten der Betroffenen hängen dabei wesentlich davon ab, ob die Behörde anlasslos oder bereits mit einem Tatverdacht erscheint. Und ob sie gegen das Unternehmen selbst oder gegen einen Dritten ermittelt.
Aber: Nicht alles, was die Beamten tun, muss akzeptiert und geduldet werden. Speditions- und Transportunternehmen sind gut beraten, sich auf Prüfungen des Zolls mit einem Maßnahmenkatalog vorzubereiten (siehe Kasten). Nur dann kann zum eigenen Schutz richtig agiert werden. Wer von den Fahndern erstmal durch den Überraschungsmoment unvorbereitet in die Defensive gedrängt wird, setzt schnell die Existenz seiner Spedition aufs Spiel.
Auch die Polizei wird zunehmend aktiv, und zwar bei der Überwachung der Lenk- und Ruhezeiten. Insbesondere geht es um Kontrollen der wöchentlichen Ruhezeit, die ja nicht in der Fahrerkabine verbracht werden darf. So kontrollierten Beamte des Polizeipräsidiums Südhessen unlängst an der Autobahn A5 auf dem Rasthof Bensheim.Den Ordnungshütern fielen mehrere Berufskraftfahrer auf, die unter den aufgeklappten Motorhauben ihrer Sattelzugmaschinen zur Mittagszeit speisten. Wie sich herausstellte, waren die Brummifahrer dabei, ihre regelmäßige Wochenruhezeit dort zu verbringen. Die 34 Fahrer waren alle bei einer Spedition aus Baden-Württemberg beschäftigt und stammten aus Osteuropa. Das Speditionsunternehmen erwartet nun eine Anzeige wegen Verstoßes gegen die EU-Sozialvorschriften. Der Bußgeldkatalog sieht für den Unternehmer je Mitarbeiter, der seine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit am/im Fahrzeug verbringen muss, einen Bußgeldsatz im vierstelligen Bereich vor.