Bosch behauptet, der saubere Diesel sei nun möglich. Die neue Technik hat eine Chance verdient.
Die Erkenntnis schien eindeutig. Der Diesel sei tot, schrieben die Leitartikler in den vergangenen Monaten. Der durch üble Tricksereien der Automobilhersteller geschädigte Ruf des einst in Deutschland erfundenen Selbstzünders sei unwiederbringlich zerstört. Durch die Manipulationen, die seit dem Herbst 2015 bekannt wurden, schwand auch der Glaube, der effiziente Diesel könne zur Minderung der klimaschädlichen CO₂-Emissionen beitragen. Der Preis dafür, die giftigen Stickoxide (NOx) aus dem Auspuff, sei von Anfang an zu hoch gewesen. Mit dem Dieselskandal sei letztlich eine ganze Technologie, ja eine ganze Industrie „entzaubert“ worden, stand jüngst auch in dieser Zeitung zu lesen (ZEIT Nr. 18/18).
Das Verhalten der Käufer passt zu den Abgesängen auf den modernen Dieselmotor. So war er lange von deutschen, aber auch von französischen und italienischen Autoherstellern als Alternative zu den sparsamen Hybridautos aus Japan angepriesen worden, die Benzin- und Elektromotor kombinieren. Das funktionierte viele Jahre bei den gutgläubigen Kunden. Vor dem Skandal wurden fast die Hälfte aller neuen Pkw in Deutschland mit Dieselmotor zugelassen. Seither ist deren Anteil steil abgerutscht: auf knapp ein Drittel.
Das ist aber noch nicht das Ende der Geschichte. Denn jetzt hat der weltgrößte Automobilzulieferer Bosch eine sensationelle Nachricht veröffentlicht. Man habe das Problem mit den Stickoxiden gelöst, heißt es aus Stuttgart. „Der Diesel hat Zukunft“, behauptet Bosch-Chef Volkmar Denner, ein Physiker. Er will „die Debatte vom Ende des Dieselantriebs endgültig ad acta legen“. Deutsche Ingenieure, das ist damit klar, geben so schnell nicht auf, wenn sie an eine Idee glauben.
31,4 Prozent der im März neu zugelassenen Pkw in Deutschland hatten einen Dieselantrieb
Zumindest technisch scheint Bosch die hohen Stickoxidemissionen tatsächlich in den Griff bekommen zu haben. Die Ingenieure haben dies dadurch erreicht, dass sie auf der Basis eines gängigen Modells (VW Golf Diesel) viele Details geändert haben – von der Einspritzanlage über den Motor selbst bis hin zur Abgasnachbehandlung. Keine Revolution, sondern eine konsequent vorangetriebene Evolution haben die schwäbischen Tüftler vollbracht. So bleibt das optimierte Auto nach den von Bosch vorgestellten Testergebnissen weit unter den von 2020 an EU-weit geltenden scharfen NOx-Grenzwerten, nicht nur im Labor, sondern auch im Betrieb auf der Straße. Allein das ist für Mensch und Umwelt entscheidend.
Damit soll der Diesel so sauber sein wie ein Benziner, behält aber seinen „Klimavorteil“ – gemeint sind weniger Verbrauch und damit CO₂-Emissionen. Die Technik, sagt Bosch, könne den Kunden aus der Automobilindustrie „ab sofort“ geliefert werden. Und der „Wunder-Diesel“ (Handelsblatt) soll mit der neuen Technik nur wenig teurer werden.
Der Bosch-Chef und seine Leute würden sich wohl nicht so weit aus dem Fenster hängen, wenn sie nicht über valide Testergebnisse verfügten. Versteckte Manipulationen kann sich Bosch nicht leisten. Schließlich müssen sich die Schwaben immer noch gegen Vorwürfe wehren, in der Vergangenheit ihren Kunden wie Volkswagen bei den Tricksereien geholfen zu haben.
Bosch ist aber auch Partei. Der Stuttgarter Konzern ist der weltgrößte Lieferant für Dieseltechnik und bietet, außer dem Motor selbst, praktisch alles an: von der Einspritzanlage über Motorsteuerung samt Software bis hin zur kompletten Abgasnachbehandlung, einer Art kleinen Chemiefabrik. 25.000 Jobs hängen bei Bosch in Europa am Diesel. Doppelt so viele sind es weltweit, wenn man die Lkw-Technik noch hinzurechnet. Sinkt der Marktanteil des Diesels in Europa weiterhin so rasant, bekommt der Konzern ein Problem.