Für Treibstoff wird tief in die Geldbörse gegriffen. Warum kommt der niedrige Ölpreis hier nicht an, fragen sich die Autofahrer.
Wegen der anhaltend hohen Spritpreise ziehen auch Lausitzer an den Tankstellen regelmäßig lange Gesichter. An der Shell-Tankstelle in der Muskauer Straße in Cottbus sei der Kundenstrom allerdings nicht abgerissen, berichtet eine Mitarbeiterin. Die Leute müssten ja tanken, was bleibe ihnen anderes übrig. Viele würden fragen, wann die Preise wieder sinken, aber das könne das Personal nicht sagen.
Auch beim Mineralölwirtschaftsverband hält man sich mit Prognosen zurück. Zwar hat der Bund nun Staatsreserven freigegeben. „Ganz beseitigen lässt sich das Problem damit nicht“, sagt Pressesprecher Alexander von Gersdorff. Vieles hänge von der Großwetterlage in der internationalen Politik ab. Ein Liter Superbenzin kostete vor zwei Jahren 1,29 Euro, damals kostete auch das Barrel Rohöl nur 40 Dollar. Jetzt sind es im Schnitt 70 Dollar gewesen, rechnet von Gersdorff vor.
Genau bei diesem Punkt schwillt Dieter Uhlig der Kamm. Der 64-jährige Cottbuser ist gelernter Berufskraftfahrer und beobachtet schon von daher immer sehr genau die Preise an den Tankstellen. Er rechnet vor: Im Jahr 2011 kostete das Barrel Rohöl etwa doppelt so viel wie heute, und komischerweise waren damals die Spritpreise etwa genau so hoch wie heute. Da hätten sie damals doch viel höher sein müssen. „Wo bleibt jetzt das ganze Geld, wenn der Einkaufspreis so niedrig ist?“ Der größte Teil des Spritpreises fließe als Steuer ab, derzeit seien das 90 Cent, erklärt dazu Mineralölwirtschaftsverbands-Sprecher von Gersdorff.
Die Begründung eben jenes Verbands, wegen Niedrigwasser an Rhein und Main könnten Tankschiffe nur mit geringer Ladung fahren und daher würden Sprit knapp und Transport teuer, ist für Dieter Uhlig indes eine „billige Ausrede“. „Ich glaube, dass die Menschen hier veralbert werden.“ Dass die Mineralölwirtschaft Autofahrer an Rhein und Main dieser Tage lieber an leere Tanksäulen fahren lässt, ist für ihn ein Unding. „Es gibt Züge und Lkw-Tanker, die das logistische Problem lösen könnten. Dies nicht zu schaffen, ist unglaublich in heutiger Zeit.“
Auch beim ADAC Berlin-Brandenburg wird die Begründung mit dem Niedrigwasser skeptisch gesehen. „Damit allein lassen sich die hohen Spritpreise nicht überzeugend begründen“, erklärt Pressesprecherin Sandra Hass der RUNDSCHAU. „Wir halten die bundesweite Preisgestaltung daher für deutlich überzogen.“
Der ADAC kann Autofahrern daher nur empfehlen, Schwankungen der Spritpreise im Tagesverlauf zu beachten. „Erfahrungsgemäß tankt man zwischen 15 und 17 sowie zwischen 19 und 22 Uhr am günstigsten“, sagt Sandra Hass.
Für den Schorbuser Malermeister Enrico Passora ist es nur eine Frage der Zeit, wann er die hohen Spritpreise auf seine Preise umschlagen wird. „Es wird ja alles teurer, auch Material, da geht es rein rechnerisch nicht, dass wir über Jahre unsere Dienstleistung stabil halten, da sind wir selbst irgendwann pleite.“
Grenznahe Lausitzer im Vorteil
Die Lausitzer haben von ihrer Lage in der Grenzregion nicht oft Vorteile, beim Tanken hingegen schon. Die günstigeren Tankstellen im angrenzenden Polen werden besonders gern genutzt. Dort ist ein Liter Superbenzin im Schnitt für 20 Cent weniger als in Deutschland zu haben. Rentner Helmut Schmidt aus Cottbus ist ein Fan von Tankfahrten nach Polen. Sobald er in der RUNDSCHAU die Info mit günstigen Benzinpreisen liest, schwingt er sich auf. Sicher, das seien 30 Kilometer hin und 30 Kilometer zurück. Aber er verbinde die Tanktouren mit anderen Einkäufen. Am Ende überwiege das Gefühl, irgendwie gespart zu haben.
Die Tankstellen in Forst bekommen die Preisdifferenz zu spüren. „Wir haben viel Ärger“, sagt Ramona Schmücke von der Total-Tankstelle in Forst. „Die Leute fragen uns, warum die Preise so hoch sind. Aber wir wissen es doch auch nicht.“ Es falle auf: Kunden mit Privatautos nehmen kleinere Mengen und kämen lieber öfter – immer in der Hoffnung, dass die Preise dann gesunken seien.
Dass Tankstellen in Polen viele deutsche Kunden hätten, sei nachvollziehbar. „Wir können eben nicht mit den polnischen Steuern konkurrieren“, sagt Mineralölwirtschaftsverbands-Sprecher von Gersdorff.