Wie kann der übermäßige Lastwagenverkehr am Millener Weg gestoppt werden? Ein Thema, das den Anwohner lange auf den Nägeln brennt. Ist jetzt eine Lösung in Sicht?
92 ist eine stolze Zahl. Fast hundert. Wenn man von Geburtstagen oder Urlaubstagen sprechen würde, wäre das eine schöne Zahl, wenn es allerdings um Lastwagen geht, ist das etwas anderes. 92 Lastwagen rollen durchschnittlich pro Woche durch den recht schmalen Millener Weg in Tüddern. Der Grund – so vermuten Anwohner – ist wahrscheinlich die Google-Navigations-App, die LKW-Fahrern aus dem Ausland diese Strecke als die kürzeste angibt. Angeblich führt sie schneller zum Ziel als die parallel laufende, mit Kreisverkehren versehene K1 oder die B56. Deshalb brettern die Brummis über die schmale Straße, vorbei am Eiscafé Penners, vorbei an eigentlich idyllisch gelegenen Einfamilienhäusern, obwohl schon lange ein Schild verkündet: für LKW gesperrt.
Für 15.000 Euro kann ich doch eine Person an die Straße stellen, die Knöllchen verteilt.
Josef Werny
SPD-Fraktion Selfkant
Weil Schilder nicht helfen und auch nicht die rot-weiß-gestreifte Verkehrsberuhigung vor dem Eiscafé, soll jetzt ein Ingenieur berechnen, wie eine Schwelle und ein Balken über der Straße aussehen können, die den Verkehr verlangsamen und Lastwagen fernhalten. Dafür muss die Gemeinde Selfkant Geld in die Hand nehmen: für die Planung und die Begleitung durch den Ingenieur beim späteren Bau etwa 15.000 Euro. Kosten im fünfstelligen Bereich für den Bau kommen noch hinzu. Dies war jetzt Thema im Gemeinderat.
15.000 Euro ist viel Geld für eine Gemeinde, die, wie so viele andere Gemeinden auch, mit Schuldenbergen kämpft und gerade erst einem Haushalt, der auf arg geschmolzene Rücklagen zurückgreifen muss, nur mit einer knappen Mehrheit zugestimmt hat. „Für 15.000 Euro kann ich doch eine Person an die Straße stellen, die Knöllchen verteilt“, schlug Josef Werny (SPD) vor. Das Verbot sei da, es müsse nur durchgesetzt werden. Das ginge nicht, wegen des Personalmangels und der Zuständigkeit des Kreises Heinsberg, wurde ihm entgegengehalten.
Ein Balken über dem Millener Weg könnte am Ortsausgang von Tüddern Richtung Millen stehen. Das Beispielbild in den Unterlagen der Verwaltung sieht aus wie die überdimensionierte Hürde eines 100-Meter-Hindernislaufes: schlank, schmal, oben rot-weiß-gestreift. Tüdderns Ortsvorsteher Heinz-Hubert Ruers (CDU) vermutet, dass sie einige Male „gerissen wird“, bevor es auch „der letzte kapiert“ habe. „Ja, es kostet Geld. Eine Lösung wird man zum Nulltarif nicht bekommen“, sagt Ruers.
Bremst Balken Schulbusse aus?
Ein Anwohner des Millener Wegs hat die Diskussion mitverfolgt. Seine Stimmung nach der Sitzung? Unzufrieden bis sauer. Was sei denn, wenn ein Lastwagen durch den Balken gestoppt werde? Wenden ist unmöglich. Viele Meter rückwärts fahren? Mit einem 40-Tonner? Das berge doch neue Gefahren und blockiere die Straße. Wenn die Brummis in die Rodebachstraße abbiegen, landen sie in der Straße Kämpchen, die so schmal ist, dass auch dort kein Durchkommen ist. Und die Schulkinder? Bremst der Balken auch die Schulbusse aus? Müssen sie dann statt an der recht ruhigen Haltestelle am Millener Weg an der stark befahrenen Sittarder Straße einsteigen? fragt er sich.
Letztere Sorge scheint allerdings unbegründet. Busse, Müllwagen, Krankenwagen, Feuerwehrfahrzeuge und der Milchwagen, der regelmäßig einen Hof anfährt, sollen weiterhin in die Straße gelangen können, sagt Frank Bienwald, Amtsleiter des Fachbereichs Ordnung und Soziales in der Gemeinde Selfkant. Deshalb habe der Kreis Heinsberg die Vorgaben für eine Verkehrsberuhigung von drei Metern Breite und 3,50 Metern Höhe gemacht. Weniger geht nicht. Die „Kernverkehre“ müssen fließen können.