Reichen die Lkw-Parkplätze? Es wird wieder gezählt

Lkw-Fahrer haben keinen leichten Job: Für Stress sorgt unter anderem der Parkplatz-Mangel in der Nacht. Schon 2018 fehlten mehr als 23.300 Stellplätze entlang der Autobahnen. Derzeit wird deutschlandweit wieder nachgezählt.

Die Arbeit als Lkw-Fahrer ist anstrengend und nervenaufreibend, denn fast jeden Tag geht es auch um die ewige Suche nach einem freien Parkplatz für die Nachtstunden. Überall an Autobahnen fehlen Stellplätze, auf denen die Fahrer ihre gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten einlegen können. Seit Jahren ist das Problem bekannt.

Ob sich die Situation verschärft hat, wird sich demnächst zeigen, denn turnusgemäß wird derzeit die Lkw-Parkplatzsituation an Autobahnen durch den Bund erfasst. Noch bis Ende April laufen auch in Bayern die Zählungen.

    Schätzung: Mehr als 40.000 Parkplätze fehlen

    Bereits bei der letzten Zählung vor fünf Jahren hieß es im Bericht der Bundesanstalt für Straßenwesen, dass die Kapazität gewachsen sei, jedoch mangele es an Lkw-Abstellmöglichkeiten im Vergleich zu 2013 um mehr als das Doppelte bzw. um fast zwei Drittel im Vergleich zu 2008.

    Nach der letzten Erfassung kam der Bund zum Schluss: 23.300 Lkw-Parkplätze fehlen. Dirk Engelhardt vom Bundesverband Güterverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) geht aber von weit höheren Zahlen aus. „Schaut man sich die letzte Studie zu fehlenden Lkw-Parkplätzen etwas genauer an, die Studie aus dem Jahr 2018, dann fällt auf, dass zum Beispiel nicht genutzte Parkplätze in Mecklenburg-Vorpommern mit den überbelegten Parkplätzen in zum Beispiel Nordrhein-Westfalen verrechnet werden. So dass der Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung zu dem Ergebnis kommt, dass bereits im Jahr 2018 über 35.000 Stellplätze fehlten.“ Mittlerweile gehe der BGL von weit mehr als 40.000 Parkplätzen aus, die fehlen.

    Der BGL mahnt seit Jahren mehr Anstrengungen im Kampf gegen den Lkw-Parkplatzmangel entlang der deutschen Autobahnen. Bereits im Jahr 2002 übergab er Tausende Unterschriften an das Bundesministerium. Der BGL fordert vor allem eine Verschlankung für die Genehmigungsprozesse beim Aus- und Neubau von Lkw-Parkplätzen. „Und das Problem ist nicht nur ein isoliert zu betrachtendes Logistik-Problem, denn ausgeruhte Lkw-Fahrer erhöhen die Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer“, so BGL-Vorstandsprecher Engelhardt.

    Alle fünf Jahre erfolgt Parkplatzzählung

    In einem fünfjährigen Turnus werden die Stellplätze für Lkw und auch die Situation auf den Rastplätzen durch den Bund dokumentiert. Derzeit läuft diese Überprüfung wieder bundesweit. Auch in Nordbayern sind Mitarbeiter der Autobahn GmbH nachts unterwegs, zählen und dokumentieren die Situation auf den bewirtschafteten und unbewirtschafteten Rastanlagen, privaten Autohöfen sowie an abseits der Autobahnen bekannten Abstellorten.

    Jürgen Zollfrank und Bernhard Maier von der Autobahnmeisterei Trockau sind von Dienstag bis Donnerstag in der Zeit zwischen 22 und 4 Uhr früh unterwegs. Und überall zeigt sich das gleiche Bild: Lkw stehen oft schon in den Einfahrten und Ausfahrten. Sie belegen Omnibus- und Pkw-Parkplätze, was allerdings toleriert wird. Es handle sich hier um eine „Mischverkehrsnutzung“.

    Fahrer schildern schwierige Situation

    Ein Lkw-Fahrer aus Rumänien hat sich auf dem mittelfränkischen Rastplatz Ludergraben auf dem Gehweg gestellt. Aus seinem Führerhaus ruft er: „Germany, big problem parking.“ Sein österreichischer Kollege Manfred Paar, der gleich dahinter steht, nickt: „Die Lkw-Fahrer sind extrem unter Druck seitens der Firmen. Sie werden regelmäßig kontrolliert. Sie müssen Pausen einhalten.“

    Nach den Planungen der Autobahn GmbH werden allein in Nordbayern bis 2030 rund 8.500 Stellplätze für Lkw benötigt. Aktuell stehen 6.100 zur Verfügung. Innerhalb der nächsten sieben Jahre sollen weitere 2.400 hinzukommen. Doch ob das umsetzbar ist, bleibt unklar.

    Hygieneanlagen und Lärmschutz – Es geht nicht nur um’s Parken

    Neben dem Bau neuer Stellplätze soll dabei aber auch auf die Aufenthaltsqualität an Rastanlagen in Zukunft geachtet werden. Vor allem die hygienischen Bedingungen sollen verbessert werden – zum Beispiel durch den Bau von Toiletten oder Wasserentnahmestellen. Auch müsse angesichts von E-Modellen die Bereitstellung von Ladeinfrastrukturen für Lkw verbessert werden, heißt es von der Autobahn GmbH Nordbayern. Es werden Lärmschutzwände an den Rastplätzen gebaut, um die schlafenden Fahrer etwas vom Verkehr abzuschotten. Bäume sollen im Sommer Schatten spenden.

    In Bau sind auf der A3 derzeit die Anlagen Berg, Pilsach, Steigerwald Nord/Süd und Dreifrankenstein Nord/Süd. In der Bauvorbereitung auf der A6 ist die Park- und Rastanlagen mit WC-Gebäude, PWC, Laubenschlag. Im Planfeststellungsverfahren die PWC-Anlage Zankschlag (A6), Trockauer Höhe (A9) und Coburger Land (A73). In Vorbereitung zum Planfeststellungsverfahren die Anlagen Kapellenholz (A7), Regnitztal (A73) und Velburg (A3).

    Auch entlang der A8 wurde in den vergangenen Jahren versucht, durch Aus- und Neubauten von Parkplätzen das Stellplatzdefizit zu verringern. So wurden die Rastanlagen Holzkirchen-Süd und Samerberg ausgebaut, der Neubau von Parkplätzen im Moos und Eulenauer Filz bei Bad Aibling sowie der Parkplatz im Hofoldinger Forst sei bereits genehmigt.

    Planungen dauern oft Jahrzehnte

    Doch alleine um die Parkanlage Regnitztal zwischen Forchheim und Eggolsheim gibt es seit Jahren Diskussionen. 118 Lkw-Stellplätze sollen geschaffen werden, inklusive Ladesäulen. Der Großteil davon soll auf dem Parkplatz Regnitztal-West entstehen. Er soll mit dem Parkplatz auf der Ostseite durch eine Überführung an die neue Tank- und Raststätte angeschlossen werden. Doch die Gemeinden lehnen das Projekt ab. Seit 2009 wird eine Grundsatzdebatte ausgefochten.

    Streit gibt es auch um eine geplante Anlage auf der A73 bei Meeder. Seit 20 Jahren wird bereits über einen Rastplatz beraten und diskutiert. Alleine die Namensfindung „Coburger Land“ hat Monate gedauert. 64 Lkw- Stellplätze sollen dort entstehen. Die Fläche befindet sich bereits im Eigentum der Autobahn GmbH. Doch es geht nicht wirklich weiter. Das Bündnis „Pro Natur Lange Berge“ warnt vor einem Hochwasser-Risiko und zweifelt die Sinnhaftigkeit des Vorhabens an. Das Vorhaben sei nicht mehr zeitgemäß, das Verkehrsaufkommen zu gering. Das Aktionsbündnis hat eine Klagewelle angedroht.

    ADAC überprüfte 96 Rastanlagen

    Im vergangenem November hat der ADAC die Lkw-Parksituation an 96 Rastanlagen in Deutschland überprüft. Das Ergebnis: An jeder zweiten Anlage gab es hochriskant abgestellte Lkw. So parkten etwa 44 Prozent der Lkw auf der A3 auf dem Parkplatz Ludergraben West außerhalb markierter Parkflächen, im absoluten Halteverbot, auf Pkw-Parkplätzen oder sogar im Ein- und Ausfahrtsbereich. Auf der A9 zählte der ADAC 51 Prozent dieser Verstöße auf dem Parkplatz Frankenwald-West, 68 Prozent verstießen auf dem Rastplatz Fürholzen West dagegen.

    Der ADAC fordert, die Stellplatz-Kapazitäten durch intelligente Parkleitsysteme auszubauen, mehr Lkw-Stellplätze in Autobahnnähe zu schaffen und auch zunehmend Firmengelände als Parkplätze zur Verfügung zu stellen.

    Kompaktparken als mögliche Lösung

    Doch es gibt auch Ideen zur Lösung des Platzproblems: Bereits 2016 ging an der Rastanlage Jura West an der Autobahn A3 bei Velburg das sogenannte „Lkw-Kompaktparken“ in Betrieb. Drei Lkw können so hintereinander parken. Dabei ist ihre Abfahrtszeit entscheidend. Die wird auf einem Display angezeigt. Wer später abfahren will, stellt sich dahinter. Die Stellplatzzahl konnte so von 66 auf 105 erhöht werden. Ein ähnliches Projekt gibt es auf der A93 bei Kiefersfelden.

    Der Freistaat hat zudem ein Lkw-Parkleitsystem auf der A9 für 22 Rastplätze ausgestattet. Mit Hilfe einer Detektionsmethodik wird erkannt, wenn ein Lkw in den Rastplatz ein- oder ausfährt. Aus der Differenz berechnet sich noch die Anzahl an freien Stellplätzen. Diese können über die Website oder Bayerninfo-App jederzeit abgefragt werden.

    Quelle