Polizei jagt drängelnde Lkw-Fahrer mit Drohne – 22 gehen ins Netz

Es ist ein Novum: Erstmals hat die Polizei eine Drohne eingesetzt, um den Abstand zwischen Lastwagenfahrern auf der Autobahn 2 zu kontrollieren. Acht Drängler überführte das Video der Drohne schon binnen der ersten eineinhalb Stunden.

Mittelmark

Ein Dutzend Beamte stehen versteckt im Wald hinter einer Autobahnbrücke zwischen den Anschlussstellen Wollin und Brandenburg. Die Brandenburger Polizei hat am Mittwoch erstmals mit einer Drohne den Abstand zwischen den Lastwagen auf der Autobahn 2 kontrolliert. Die Drohne fliegt über der Autobahn, unsichtbar für die Lastwagenfahrer. Polizeikommissar Bastian Puder sitzt unter einem blauen Pavillon und schaut auf einen großen Bildschirm.

Live kann er durch die Kamera der Drohne die Fahrt der Lastwagen in Richtung Berlin verfolgen. Es näheren sich vier Lkw. Die Drohne nimmt sie ins Visier. Die Fahrzeuge nähern sich Markierungsstreifen auf der Fahrbahn. Sie kennzeichnen den vorgeschriebenen Mindestabstand zwischen den Lastwagen. Wer 50 Meter unterschreitet, bekommt ein Problem: einen Punkt und 80 Euro Bußgeld.

Polizeihauptmeister Jörg Bluhm zeigt den Zettel, den die Beamten Fernfahrern aus anderen Staaten zeigen, um ihnen das Vergehen deutlich zu machen.

Zur Galerie Zu geringer Abstand zwischen Lastwagen ist eine häufige Ursache für schwerste Unfälle mit häufig sogar tödlichem Ausgang. Nun hat die Polizei an der A 2 eine Drohne eingesetzt, um den Drängler zu überführen.

Puder zeigt auf einen der Lastwagen. Der Lkw mit dem roten Führerhaus unterschreitet die 50 Meter. Er fährt zu dicht auf seinen Vordermann auf. Sein Kollege von der Polizeimotorrad-Staffel setzt seinen Helm auf, steigt auf und fährt über einen schmalen inoffiziellen Weg auf die Autobahn. Er nimmt die Verfolgung des roten Lastwagens auf.

Die Beamten können am Bildschirm die Fahrt verfolgen. Wenige Sekunden später hat das Motorrad den roten Lastwagen erreicht. Klemmt sich zwischen die beiden Lastwagen. Das Schild „Bitte folgen“ leuchtet auf.

Polizeimotorrad nimmt Verfolgung auf

Der Lastwagenfahrer wird von dem Motorrad-Polizisten zu einem Rastplatz bei Netzen eskortiert. Dort warten bereits mehrere Polizisten auf die Abstandsmuffel. Einer von ihnen ist Christian Lehmann. Er steht bei einem Fernfahrer aus Belarus. Auch der Mann hatte zu sehr gedrängelt beim Fahren.

Sven Koppe leitet die Autobahnpolizei in der Polizeidirektion West.

Sven Koppe leitet die Autobahnpolizei in der Polizeidirektion West. Quelle: Marion von Imhoff

„Zu geringer Abstand ist eine der häufigsten Unfallursachen“, sagt Sven Koppe, der Leiter der Autobahnpolizei in der Polizeidirektion West.

Nach Polizeiangaben ereigneten sich im ersten Halbjahr 2020 in Westbrandenburg 35 Lkw-Unfälle, bei denen Fernfahrern ihrem Vordermann reinfuhren. Seit Janur kam es zu 263 Unfällen mit Lkw-Beteiligung. Bei 179 der Unfälle waren die Berufskraftfahrer schuld am Crash.

Sven Koppe und seine Kollegen wollen an diesem Mittwochvormittag prüfen, ob es effizienter ist, bei der Jagd nach Abstandsmuffeln unter den Lastwagenfahrern eine Drohne einzusetzen als die bisherige Art der Kontrolle. Herkömmlicherweise werden dafür Kameras auf einer Brücke angebracht.

Motorräder stehen bereit, um die zu dicht auffahrenden Lastwagen zum Rastplatz bei Netzen zu leiten. Dort warten weitere Polizisten.

Motorräder stehen bereit, um die zu dicht auffahrenden Lastwagen zum Rastplatz bei Netzen zu leiten. Dort warten weitere Polizisten. Quelle: Marion von Imhoff

Drohne vielfältig einsetzbar

„Für eine Drohne brauchen wir keine Brücke“, sagt Frank Seidlitz, zuständig für die Technikeinheit der Polizei. Landesweit stehen dieser fünf Drohnen zur Verfügung. Eingesetzt werden diese auch bei der Suche nach Personen. Auch der Potsdamer Vergewaltiger wurde mit Drohnenunterstützung gefunden. „Ein Polizeihubschrauber ist einer Drohne natürlich überlegen“, sagt Seidlitz. Der Hubschrauber könne sehr viel schneller ein großes Gebiet absuchen.

Doch an diesem Einsatz sind die Polizeibeamten zuversichtlich, mit der Drohne Abstandssünder zu überführen. Tatsächlich eskortieren die Polizisten auf den Motorrädern schon in den ersten anderthalb Stunden acht Lkw-Fahrer zum Rastplatz, die durch die Kamera der Drohne überführt wurden. Ein Screenshot von dem Film wird den Lkw-Fahrern gezeigt. „Sie sehen das Bild und akzeptieren es“, sagt Polizeihauptkommissar René Dannenberg, der mit seinen Kollegen von der Sonderüberwachungsgruppe der Verkehrspolizei auf die überführten Berufskraftfahrer am Rastplatz wartet.

Polizeiobermeister Christian Lehmann kontrolliert den Fahrtenschreiber des Fernfahrers, dessen Lastwagen in Belarus zugelassen ist.

Polizeiobermeister Christian Lehmann kontrolliert den Fahrtenschreiber des Fernfahrers, dessen Lastwagen in Belarus zugelassen ist. Quelle: Marion von Imhoff

Polizei lobt Überraschungseffekt

Der Mann aus Belarus nimmt es gelassen. Hat seine Fahrzeugpapiere schon in einer Mappe unter den Arm geklemmt und zahlt mit Kreditkarte. Derweil geht die Kontrolle per Drohne weiter.

Bis 12 Uhr überführt die „das unbemannte Flugobjekt 22 deutliche Abstandsverstöße“, berichtet Polizeisprecher Heiko Schmidt. Von den erwischten Fernfahrern waren zudem fünf zu lange am Steuer und überschritten die vorgeschriebene Lenkzeit.

Sven Koppe lobt in seinem Fazit nach dem ersten Drohneneinsatz den Überraschungseffekt dieses „Kontrollhilfsmittels“. Schließlich fliegt die Drohne 70 bis 135 Meter hoch.

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