GESCHICHTE Was Hub van Doorne in Eindhoven vor 90 Jahren als kleines Konstruktionsbüro gegründet hatte, wurde zum respektablen Lastwagenbauer, der bis heute immer wieder mit besonderen Lösungsansätzen für Bewegung in der Branche gesorgt hat. Container-Anhänger und der Intercooler sind nur zwei von vielen heute selbstverständlichen Erscheinungen.
Bereits die Lage der ersten Werkstatt von 1928 zeugt vom Entwicklungswillen von Firmengründer Hub van Doorne. Auf dem Gelände der Brauerei und Eisfabrik de Valk in Eindhoven wurde ihm von Brauereibesitzer A.H. Huenges der nötige Raum zur Verfügung gestellt, nicht weil er schöne Augen hatte, sondern weil er auch schwierige Autos mobil halten konnte. Der Brauer Huenges besass einen Stearns-Knight mit Drehschiebermotor und Hub van Doorne schaffte es immer, den Wagen bei einer Panne wieder flott zu bringen. Der Brauer unterstützte van Doorne dann auch finanziell, als er ihm das Startkapital zur Werkstattgründung 1928 zur Verfügung stellte.
Intercooler und Antriebsstrang In den Lastwagenbau stieg DAF erst 21 Jahre nach der Firmengründung ein. Das geschah im Nachgang zum Zweiten Weltkrieg, als man den gewaltigen Transportbedarf sah, der aus Wiederaufbau und Wirtschaftsaufschwung hervorging. Anfänglich kamen fremde Motoren zum Einsatz, wie die Benzinmotoren von Herkules und Selbstzünder von Perkins. Nach acht Jahren begann man 1957 in Eindhoven jedoch mit der Entwicklung von eigenen Motoren und brachte sie praktisch sofort auch zum Einsatz. Bereits nach zwei Jahren wurden die ersten Motoren auch mit einem Turbolader ausgerüstet, um die Leistung zu steigern und die Fahrbarkeit zu verbessern. Die Technik war zwar bereits seit 1954 in Lastwagen im Einsatz, hatte sich aber bis zum Einstieg von DAF noch nicht gross durchzusetzen vermocht.
Einen echten Meilenstein in der Motorenentwicklung setzten die Holländer jedoch 1973, als sie erstmals im Lastwagen den Intercooler zum Einsatz brachten. Die Ladeluftkühlung war ursprünglich entwickelt worden, um die Forderung nach mehr Motorleistung bei geringerem Verbrauch zu erfüllen. Später wurde sie jedoch zum unerlässlichen Motorenbestandteil, denn ohne ihn war es nicht möglich, im Diesel die Abgasemissionen im geforderten Mass reduzieren zu können. Heute sind Turbolader und Intercooler nicht mehr aus der Motorenlandschaft von Last- und Personenwagen wegzudenken.
In der jetzigen Zeit sind es jedoch nicht mehr Meilensteine, die der bewährten Dieseltechnik zu mehr Effizienz verhelfen, sondern die Kombination vieler Einzelelemente. Bei der aktuellen MX-Motorenfamilie machte DAF die Antriebsachsen effizienter, optimierte die Software-Algorithmen, verkleinerte die Abgasnachbehandlung und verbesserte die Aerodynamik der Kabinen. Zusammen mit den ausnehmend tiefen, fahrbaren Drehzahlen wurde eine Verbrauchsreduktion um beeindruckende sieben Prozent erzielt, für die DAF mit dem Award «International Truck of the Year 2018» ausgezeichnet wurde (TIR transNews ist das Schweizer Mitglied der Jury).
Bequem reisen In den Augen von DAF nahm das Wohl des Chauffeurs schon früh eine wichtige Stellung ein, die sich im Bestreben zeigt, einen möglichst hohen Komfort zu bieten. Dieses Credo fand auch in der von 1958 bis 1975 dauernden Episode seinen Niederschlag, als DAF aus dem Glauben in die Massenmotorisierung heraus eigene Personenwagen baute. Mit dem Variomatic-Getriebe sollte man sich beim DAF-Kleinwagen nur noch auf die Strasse konzentrieren müssen, die stufenlose Automatik sollte gerade im Stadtverkehr jeder unnötigen Ablenkung entgegenwirken. Noch heute wird das Variomatic-Prinzip in Form der CVT-Getriebe von vielen Autobauern eingesetzt, beispielsweise in den Kleinstwagen in Japan, die als Kei-Cars in den engen Innenstädten eine privilegierte Stellung einnehmen.
Beim Lastwagen setzte man früh auch gefederte Sitze ein und bot dem Fernfahrer besonders geräumige Kabinen. Seit dem DAF 2600 von 1962 geniessen die Langstrecken-Lastwagen aus Holland ein hohes Ansehen bei den Chauffeuren. Gute Rundumsicht, zwei Betten, ein grosszügiges Raumgefühl – die Eckdaten des DAF 2600 gelten noch heute als starke Argumente beim DAF XF oder CF. Für seine mittlere Baureihe F2000 wurde 1969 die Kabine direkt auf den Motor gesetzt und mit einem einfachen Kippmechanismus versehen, um den Zugang zum Triebwerk zu vereinfachen. Die Kippkabine war zwar keine DAF-Erfindung, aber sie begann sich in der Folge zusehends als Standard bei allen Frontlenker-Kabinen durchzusetzen.
«Rückbesinnung» Es ist kein Geheimnis, dass die Entwicklung neuer Technologien sehr aufwendig und kostenintensiv geworden ist. Daher verwundert es nicht, dass DAF selbst mit dem Mutterkonzern Paccar im Rücken nicht nur in Eigenregie entwickelt, sondern sich immer wieder mit Partnern zusammen tut. Jüngstes Beipiel ist der CF Electric, den DAF gemeinsam mit VDL entwickelt und jetzt in den Feldtest geführt hat. Zudem nahm DAF an den zwei europäischen Forschungsprojekten Convenient und Ecochamps teil, die beide auf den Hybridantrieb im Lastwagen abzielten. Bei Convenient sollte der Hybrid-LKW Innenstädte ohne Dieselmotor befahren können. Ecochamps hatte eine andere Stossrichtung, denn hier sollten durch eine breite Allianz von LKW- und PW-Herstellern sowie von Zulieferern die Komponentenkosten drastisch reduziert und damit die Markteinführung vereinfacht werden .
Ein weiteres Projekt heisst Tellisys und hat eine Steigerung des Frachtvolumens um 20 Prozent im Containertransport zum Ziel. Hier kehrte DAF zu seinen Anfängen zurück, denn mit der Weltwirtschaftskrise im Nacken suchten die Brüder Hub und Wim van Doorne kurz nach Firmengründung neue Absatzmöglichkeiten. Man begann sich ab 1932 auf die Entwicklung von Transportausrüstungen und auf den Bau von Anhängern zu fokussieren. Daraus ergab sich auch die bis heute gültige Namensgebung DAF, damals abgeleitet von «van Doorne’s Aanhangwagenfabrieck». Für Tellisys hat DAF die Zugmaschine mit Super-Lowdeck entwickelt, die eine Sattelkupplungshöhe von 85 cm besitzt und gleichwohl die volle Manövrierfähigkeit garantiert. Nötig ist die niedrige Kupplungshöhe für die neue Bauweise des Anhängers, der eine Innenhöhe von drei Metern bieten soll, damit drei genormte Behälter übereinander gestapelt werden können.
Damit die Innenhöhe erreicht werden kann, erhielt der Tellisys-Anhänger einen dünneren Rahmenboden, ohne aber an Torsionsfestigkeit zu verlieren. Die Konstruktion kommt dabei von Wecon, denn DAF hatte 1979 den Anhängerbau eingestellt. Davor hatte das Produktportfolio Anhänger wie Auflieger umfasst, die durch verschiedene, damals ungewöhnliche Konstruktionsmerkmale auffielen. Zum einen wurden die Chassis von Beginn weg elektrisch geschweisst, während praktisch alle anderen Hersteller auf Nietverbindungen setzten. Heute ist zwar eine gegenteilige Bewegung im Anhängerbau festzustellen, doch damals brachte die neue Verbindungstechnik eine substanzielle Gewichtsersparnis und verbesserte zugleich die Stabilität und Robustheit der Anhänger. Zu den weiteren Innovationen gehörten eine spezielle Anhängerbremse und eine automatische Sattelkupplung bei den Aufliegern. Zudem hatte DAF den ersten Container-Anhänger entworfen, der eine rasche Umladung zwischen Schiff, Bahn und Lastwagen ermöglichte.