Jeder vierte Lkw-Fahrer findet nachts auf mitteldeutschen Autobahnen keinen regelkonformen Parkplatz und erhöht unter Umständen das Unfallrisiko. Das berichtet das MDR-Magazin „Umschau“ unter Berufung auf die aktuellen Zahlen der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt). Demnach steht einer Nachfrage von 12.300 Fahrzeugen ein Angebot von 9.000 Stellplätzen gegenüber.
Basis der aktuellen Zahlen ist eine Erhebung aus dem Frühjahr 2018. Seitdem hat sich nach Auskunft der Verkehrsministerien der Länder bzw. der zuständigen Straßenbaulandesämter das Angebot an Parkflächen nicht erheblich verbessert. Demnach sind in Sachsen 25 Stellplätze hinzugekommen, in Sachsen-Anhalt 140 und in Thüringen 32. Derzeit sind die Straßenbauverwaltungen der Bundesländer im Auftrag des Bundes für die Planung und den Bau der einzelnen Rastanlagen zuständig. Ab dem Jahr 2021 wird der Bund die Autobahnen in eigene Verantwortung nehmen. Für Planung und Bau der Rastanlagen wird dann die Autobahn GmbH des Bundes zuständig sein.
Wirtschaftsboom lässt Lkw-Verkehr ansteigen
Die Zahl der fehlenden Lkw-Stellplätze stieg in Mitteldeutschland innerhalb von fünf Jahren von rund 1.000 auf 3.000. Ursache für die immer größer werdende Lücke zwischen Angebot und Nachfrage ist der rasant ansteigende Lkw-Verkehr. Zwar wurden nach der Erhebung der BASt vierzehn Prozent mehr Parkplätze geschaffen, doch im selben Zeitraum stieg die Zahl der abgestellten Lkw um 37 Prozent.
Landesamt: Sachsen leidet als Transitland zum Osten
Im bundesweiten Vergleich ist die Parkplatznot der Lkw-Fahrer in Sachsen am größten. Im Freistaat findet jeder Dritte nachts keinen regelkonformen Parkplatz. Aktuell fehlen rund 1.550 Lkw-Stellflächen. Innerhalb von fünf Jahren hat sich die Zahl fast versiebenfacht. Diesen besonders starken Anstieg erklärt das Sächsische Landesamt für Straßenbau und Verkehr mit der geografischen Lage des Freistaates als Transitland. „Insbesondere die grenzüberschreitenden Lkw-Verkehre aus den östlichen Nachbarstaaten haben in den letzten Jahren stark zugenommen“, so Pressesprecherin Rosalie Stephan.
Rund 2.000 neue Stellplätze sind nach Behördeninformation für die nächsten Jahre geplant. Der Freistaat ist nach Auskunft der Behördensprecherin zu dem Schluss gekommen, dass das Parkplatzproblem nicht mit vermehrten Ausbaumaßnahmen gelöst werden kann. Stattdessen soll auf Verkehrsvermeidung und -verlagerung auf umweltfreundlichere Verkehrsträger gesetzt werden.
Thüringen: Ausbau auf vorhandenen Flächen ist ausgeschöpft
In Thüringen fehlen nach der BASt-Studie rund 940 Stellplätze, so dass jeder vierte Lkw-Fahrer an der Autobahn sein Fahrzeug nicht regelkonform abstellen kann. Das sind fast fünf Mal mehr als im Jahr 2013. Da waren es rund 170. „Die Stellplatzsituation für Lkws muss in Thüringen als angespannt bewertet werden“, sagt Antje Hellmann, Pressesprecherin des Thüringer Ministeriums für Infrastruktur und Landwirtschaft. Sie erklärte, dass infolge der Steigerungen im Schwerverkehr in den vergangenen Jahren eine stetige Zunahme der Auslastung zu verzeichnen sei. Mit den aktuellen Zahlen hat sich die Notsituation in Thüringen im bundesweiten Vergleich leicht überdurchschnittlich entwickelt.
„Die Erhöhung der Anzahl von Lkw-Stellplätzen auf bestehenden Rastanlagen unter Nutzung der vorhandenen Flächen ist ausgeschöpft. Eine kurzfristige Umsetzung von Erweiterungs- oder Neubaumaßnahmen ist nicht möglich“, erklärt Hellmann. Sie verweist auf das aufwendige Verfahren zur Baurechtschaffung, da zusätzliche Flächen in Anspruch genommen und in Rechte Dritter eingegriffen würde. Nach Auskunft des Ministeriums befinden sich gegenwärtig rund 440 Lkw-Stellplätze in Planung. Die Realisierung sei bis 2028 geplant, heißt es.
Sachsen-Anhalt: Baurecht verzögert Neubau
Im Vergleich der mitteldeutschen Länder ist die Not der Lkw-Fahrer in Sachsen-Anhalt am geringsten. Hier findet „nur“ jeder fünfte Brummi-Fahrer nachts keinen regelkonformen Parkplatz an der Autobahn. Nach den aktuellen Daten der BASt stieg die Zahl der fehlenden Stellflächen von rund 660 (2013) auf rund 810 (2018). „Dem Bedarf an neu zu schaffenden Lkw-Stellplätzen an den Autobahnen stehen immer aufwendigere Verfahren zur Schaffung von Baurecht und der Bauplanung gegenüber. Zudem hat das Bundesverkehrsministerium eine Zunahme des Lkw-Güterverkehrs um rund 39 Prozent bis 2030 prognostiziert“, erklärt Andreas Tempelhof, Pressereferent im Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr.
Nach Ministeriumsangaben wurden seit der BASt-Erhebung 2018 140 zusätzliche Stellflächen geschaffen. Derzeit sind rund 100 im Bau. Für die Autobahnen in Sachsen-Anhalt laufen die konkreten Planungen für 165 weitere Lkw-Parkplätze, heißt es aus Magdeburg. Für einen neuen Stellplatz kalkuliert das Ministerium Kosten von 30.000 Euro.