Für neue Schwerlaster in der EU werden erstmals verbindliche Klimaschutzvorschriften eingeführt. Ziel der Staatengemeinschaft ist es, den Verkehrssektor bis 2050 klimaneutral zu machen.
Wie sieht die Einigung aus?
Europa setzt schweren Lastwagen erstmals verbindliche Obergrenzen beim Kraftstoffverbrauch. Hersteller müssen den Verbrauch von Neufahrzeugen bis 2025 um 15 Prozent senken und bis 2030 um 30 Prozent. Zudem soll die Industrie bis 2025 mindestens zwei Prozent der Neufahrzeuge als Voll-Elektrofahrzeuge oder Niedrigemissionsfahrzeuge verkaufen. Sollten die Hersteller die Vorgaben nicht erreichen, müssen sie Strafzahlungen leisten. Darauf haben sich die Verhandlungsführer der beiden Co-Gesetzgeber in der EU – Europaparlament und der Rat der 28 Umweltminister – geeinigt.
Wer hat sich durchgesetzt?
Bei den Zielen für die Einsparung von Kraftstoff haben sich die Mitgliedstaaten durchgesetzt. Das Parlament wollte noch ehrgeiziger sein und den Herstellern Einsparungen bis 2025 um 20 Prozent und um 35 Prozent bis 2030 vorschreiben. Allerdings hat sich das Parlament damit durchsetzen können, dass beim Verfehlen der Ziele Strafzahlungen drohen. Auch die Vorgabe von zwei Prozent bei E- und Niedrigemissionsfahrzeugen bis 2025 hat sich der grüne Verhandlungsführer des Parlaments, Bas Eickhout, gegen den Widerstand der Staaten durchgesetzt.
Wie wird die Einigung bewertet?
Die Branche hält die Ziele für zu ehrgeizig. VDA-Chef Bernhard Mattes sagt: „Diese Vorgaben schießen über das Ziel hinaus. Sie tragen der technischen und wirtschaftlichen Realität des Nutzfahrzeugsegments zu wenig Rechnung.“ T+E, der EU-Dachverband vieler nationaler Umweltorganisationen, will die Latte noch höher legen. Ein Sprecher sagt: „Das kann nur der Beginn sein, die Umweltziele müssen kräftig verschärft werden, wenn die Vorgaben 2022 auf den Prüfstand kommen.“
Welche Anreize setzt der Gesetzgeber zum Umstieg auf E-Technologie?
Bis 2025 soll jeder Lastwagen, der gar keine oder nur geringe Schadstoffe ausstößt, vom Hersteller mehrfach bei der Berechnung des Flottenverbrauchs angerechnet werden. Für Hersteller, die das Zwei-Prozent-Ziel bis 2025 erreichen oder es übertreffen, soll dann das Ziel für die Senkung des Kraftstoffverbrauchs bis 2030 weniger streng ausfallen.
Wie wird der Spritverbrauch gemessen?
Verbrauchsangaben sind bei Lastwagen komplizierter als bei Pkw und Lieferwagen. Der Verbrauch richtet sich nach Aufbau, Anhängelast und Beladung. Daher wurde verabredet, dass der Maßstab die Daten sind, die das sogenannte Vecto-System auf der Basis der Verbräuche von unterschiedlichen Lastwagentypen eines Herstellers für das Baujahr 2019 ermittelt. Schwierig für die Hersteller: Erst Mitte 2020 wird für jeden Hersteller der Gesamtwert seiner Flotte feststehen. Dann weiß die Industrie konkret, wie stark der Kraftstoffverbrauch bis 2025 und bis 2030 zu senken ist.
Gibt es ein E-Tankstellen-Netz für Laster?
Wegen des hohen Energiebedarfs können Lastwagen laut Auskunft des europäischen Automobilverbandes Acea nicht die Ladesäulen für Pkw benutzen. Nach den Vorgaben des Gesetzgebers wären bis 2030 EU-weit 20 000 öffentliche Ladesäulen für Lkw nötig, darüber hinaus noch einmal 6000 entlang den Autobahnen. Laut Auskunft des Branchenverbands gab es 2018 keine einzige derartige Ladestation. Bislang gebe es EU-weit noch nicht einmal einen einheitlichen Standard bei der Ladesäule.
Was bedeutet die Entscheidung für Daimler? Daimler hat 2018 in der EU, der Schweiz und Norwegen 85 000 Laster verkauft, weltweit waren es 517 000. Bislang werden rein elektrisch betriebene Lastwagen von dem Hersteller nur in Kleinserie von 150 Stück im Jahr gebaut. Um das Ziel von zwei Prozent Null- und Niedrigemissionsfahrzeugen zu erreichen, muss Daimler 2025 demnach bei gleichem Gesamtabsatz 1700 E- und Hybridfahrzeuge verkaufen. Der Autobauer hat angekündigt, 2021/2022 mit der Serienproduktion von reinen E-Lastwagen zu beginnen. Der Verkaufspreis von rein elektrisch betriebenen Lastern ist etwa doppelt so hoch wie bei Dieselfahrzeugen. Lastwagen mit Brennstoffzelle auf Wasserstoffbasis sind nicht in Planung für die Serienproduktion. Sie würden noch teurer sein, außerdem ist die Tankinfrastruktur noch mangelhafter.
Ist die Entscheidung amtlich?
Bisher hat es eine informelle Einigung zwischen den Verhandlungsführern von Parlament und Rat gegeben. Der Kompromiss muss von beiden Co-Gesetzgebern noch gebilligt werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass Parlament und Rat die Verständigung noch kippen, ausgeschlossen ist es allerdings nicht.
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