Die Digitalisierung und zunehmende Vernetzung wird die Palettenlogistik revolutionieren. Automatisierung und der Einsatz intelligenter Paletten führen zu einer deutlichen Kostensenkung über die gesamte Prozess- und Lieferkette. Doch viele Unternehmen zeigen sich gegenüber dem Potenzial der neuen Technik bislang eher reserviert. So lautet ein Fazit der 17. DVZ-Zukunftsdebatte Paletten Anfang Dezember in Düsseldorf.
„In der Palettenlogistik ist ein Umdenken erforderlich“, meint Volker Lange, Leiter Verpackungs- und Handelslogistik beim Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik (IML) in Dortmund. Wenn es um Anwendungen digitaler Lösungen geht, tun sich noch viele Unternehmen schwer. Lösungen auf Papierbasis überwiegen noch. „Fast 60 Jahre ist mit der Palette alles gut gegangen. Doch die Logistik wird immer komplexer und schneller. Die Erwartungen der Kunden ändern sich. Darauf müssen Verlader, Logistiker und Empfänger reagieren“, betont Lange. Der Stellenwert der Verpackung werde sich in Zukunft deutlich verändern.
Anstelle der Frage nach den Beschaffungskosten trete zunehmend die Frage nach dem Wert und Nutzen der Daten. Letztendlich gelte es, aus dem Internet der Dinge, also etwa der Vernetzung intelligenter Paletten, die die logistische Welt dann steuern, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Deutsche Telekom, Fraunhofer IML und die European Pallet Association (Epal) testen gerade den Einsatz von 500 intelligenten Paletten in der Praxis, berichtet Lange. Der Versuch läuft noch bis Ende 2020. Zum Einsatz kommt dabei ein Tracker aus den Laboren des IML in Kooperation mit der Telekom, der in die Epal-Paletten eingebaut ist. Sozusagen auf Knopfdruck können außer einer Positionsbestimmung auch Bewegung, Schockeinwirkungen und Temperaturverlauf ermittelt werden. Ein wasserfester Sensor registriert Stöße, Lage, Kippwinkel, Beschleunigungen und Temperatur der Palette. Bei Abweichungen wie zum Beispiel Erschütterungen oder Temperaturschwankungen meldet sich die Palette außerdem selbstständig und gibt ihre Daten an ein eigenes Portal weiter. Die Datenübertragung erfolgt über die Mobilfunktechnik der Telekom (Narrow Band IoT). Zwar sind viele Paletten bereits mit Barcode oder einem Chip für die Radiofrequenzidentifikation ausgestattet. Doch gilt dies laut Lange immer nur für einen Anwendungsfall und oft geschlossene Systeme. „Mit der intelligenten Palette wollen wir ein offenes System schaffen, das jeder nutzen kann“, unterstreicht Lange.
„Der Tracker macht Ladungsträger intelligent und hebt das Datengold der Logistik“, ist Lange überzeugt. Das werde der entscheidende Wettbewerbsvorteil in der Logistik. Als wichtige Punkte nennt er in dem Zusammenhang: eindeutige Zuordnung von Ladungsträger und Transportgut, automatische Erfassung im Produktions- und Logistikprozess, dezentrale Steuerung sowie optimiertes Leergutmanagement, Transparenz durch echtzeitnahes Tracking und Tracing, eindeutige Zuweisung von Verantwortlichkeiten sowie nicht zuletzt das Erkennen von Qualitätsverlusten, Bruch, Fälschungen und Schwund oder ungleichem Tausch und Fehlbeständen. Allein in den letzten Punkten schlummert ein erhebliches wirtschaftliches Potenzial. Zudem lassen sich durch die automatische Erfassung Personalkosten in der Administration senken – und zwar in einer erheblichen Größenordnung.
„Wir halten eine effizientere Palettenverwaltung durch digitale Verfahren für möglich und stehen den neuen Technologien aufgeschlossen gegenüber“, sagt Hubert Valder, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des DSLV Deutscher Speditions- und Logistikverband. In mittelständischen Unternehmen seien heute noch zwei bis drei Mitarbeiter mit der Palettenverwaltung beschäftigt. „Papierlösungen wie der Palettenschein haben aber keine Zukunft“, meint er. Doch letztendlich entscheide der Verlader über den Einsatz neuer Technik, da er am Anfang der Lieferkette stehe. Der Preis für die einzelne Palette spiele dabei eine eher untergeordnete Rolle, sagt Christian Kühnhold, CEO der Epal. Entscheidend seien vielmehr die Umlaufkosten. Markus Kirchhoff, Geschäftsführer der Inter Pal, rechnet vor, dass sich durch die Digitalisierung die Umlaufkosten um mindestens 20 Prozent senken lassen. Europaweit liegen die Einsparungen damit im Milliardenbereich. Künftig werde man Paletten auch nicht mehr kaufen, sondern möglicherweise nur noch nutzen, gibt Lange zu bedenken. Das hänge allerdings sehr stark von der Qualität der Daten und auch von der Datensicherheit ab.
Das Potenzial zur Digitalisierung der Lieferkette gilt als gewaltig. Die Standard-Europalette ist der wichtigste Ladungsträger in der Logistik. Zahlreiche Systeme in der Förder- und Lagertechnik, Transportmittel wie LKW und Güterwaggons und Verpackungen sind auf Epal-Europaletten ausgelegt. Allein in Europa hat die Vereinigung mehr als 500 Mio. Paletten im Umlauf. Nach einer Berechnung des Fraunhofer IML liegen die Umlaufkosten pro Palette zwischen 3,81 und 4,96 EUR. Damit liegen die Umlaufkosten in Europa bei geschätzten fünf Umläufen pro Palette zwischen 9,5 und 12,4 Mrd. EUR.
Im Bereich Palettentausch beziehungsweise -management gibt es zahlreiche Software-Anbieter für digitale Lösungen. Außer Inter Pal aus Berlin stellten auch die Start-up-Unternehmen Load-X aus Ravensburg und Poolynk mit Sitz in Bad Pyrmont ihre Lösungen auf der Veranstaltung vor. Sie basieren alle auf Applikationen für das Smartphone. (rok)
Der Preis für eine einzelne Palette spielt eine untergeordnete Rolle. Viel entscheidender sind die Umlaufkosten.
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