Die Lkw-Maut wird sich für Transportunternehmen zum 1. Dezember stark erhöhen. Ein CO₂-Abschlag wird eingeführt. Er soll den Umstieg auf klimafreundliche Antriebe voranbringen. Doch diese sind rar. Treffen wird die Erhöhung wohl auch die Verbraucher.
Die Transport- und Logistikbranche hat seit Jahren mit vielen Problemen zu kämpfen. Ob es das fehlende Personal betrifft, eingeschränkte Lieferketten, fehlende Parkplätze auf Autobahnen oder den harten Wettbewerb mit osteuropäischen Anbietern.
Am 1. Dezember kommt mit der Einführung einer CO₂-Abgabe eine kräftige Erhöhung der Maut. Sie wird sich für Diesel-Lkws nahezu verdoppeln, denn je Tonne CO₂ sind dann 200 Euro fällig.
Neue Mautberechnung ab Dezember
Im Juni hatte die Bundesregierung beschlossen, die Lkw-Maut ab Dezember an die Höhe des CO₂-Ausstoßes zu koppeln. Dabei geht es um die Umsetzung einer EU-Vorgabe, wonach die tatsächlichen externen Kosten für Luft- und Lärmbelastung dem Lkw-Verkehr angelastet werden dürfen.
Zukünftig setzen sich die Mautsätze damit aus vier Kostenteilen zusammen: den Kosten der Infrastruktur, der Luftverschmutzung, der Lärmbelastung und des CO₂-Ausstoßes. Dieser CO₂-Aufschlag beträgt 200 Euro pro Tonne und damit 90 Euro mehr als EU-rechtlich mindestens vorgeschrieben ist. Das bringt viel Geld in die Staatskasse.
Deutsche Transportbranche bangt um ihre Zukunft
Sandra Herbst ist Vizepräsidentin des Landesverbandes Bayerischer Transport- und Logistikunternehmen (LBT) und führt selbst ein Unternehmen in Bamberg. Für ihre 130 Lkw musste sie bis jetzt rund 200.000 Euro monatlich an Maut kalkulieren. Ab Dezember werden es 400.000 Euro sein. Eine enorme Belastung, die sie an ihre Kunden weitergeben muss.
Damit wird die Mauterhöhung auch wieder den Verbraucher treffen. „Es gibt Hochrechnungen unseres Verbandes, dass eine vierköpfige Familie im Jahr bis zu 370 Euro Mehrkosten durch die Umlegung der Maut hat“, sagt Herbst. In Bayern bestehen die meisten Lkw-Flotten aus ein bis fünf Lastwagen – die könnten sich bei den Preisverhandlungen gar nicht so durchsetzen wie die Großen, so Herbsts Befürchtung.
BGL: Enorme Mehrbelastung für Familienbetriebe
Der „Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung“ (BGL) macht mittlerweile mit einer Kampagne auf die Folgen für Zehntausende Familienbetriebe durch die massive Erhöhung der Maut aufmerksam. Die Mauterhöhung bedeutete für die Unternehmen eine Mehrbelastung von rund 7,6 Milliarden Euro, warnt der Verband.
Es gehe um Firmen, die systemrelevant seien, denn sie kümmerten sich tagtäglich um die Versorgung der Bevölkerung und Wirtschaft. „Nicht jedes Transportunternehmen kann die Zusatzbelastung stemmen und die Eisenbahn wird die in Zukunft eventuell leer bleibenden Supermarktregale auch nicht auffüllen können“, so der BGL.
Zudem, so Herbst, breche die Regierung derzeit ihr Versprechen, dass es keine Doppelbesteuerung für die Branche geben werde. „Doch genau das kommt auf uns zu.“ Erst komme die Mauterhöhung im Dezember mit einem CO₂-Aufschlag und dann folge einen Monat später im Januar 24 die turnusgemäße Erhöhung des nationalen CO₂-Preises auf fossile Energie wie eben Benzin und Diesel. Die Regierung hat den CO₂-Preis auf 45 Euro pro Tonne festgelegt, was einen Preisanstieg des Diesels von rund fünf Cent pro Liter bedeutet.
Umweltfreundliche Lkw fehlen
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will mit der stärkeren Koppelung der Maut an den CO₂-Ausstoß starke Anreize für die Branche schaffen, um auf klimafreundliche Fahrzeuge umzusteigen. Die Krux: Am Markt gibt es kaum emissionsfreie Lkw und vor allem keine entsprechende Tank- und Ladeinfrastruktur.
Die Branche fordert deshalb realistische Lösungen. Der Bundesverband Güterverkehr Logistik und Entsorgung schlägt statt einer schlagartigen Quasi-Mautverdopplung – ohne Ausweichmöglichkeit auf alternativ angetriebene Lkw – eine stufenweise Erhöhung der Lkw-Maut vor. Sie solle sich an der zunehmenden Verfügbarkeit dieser Fahrzeuge und entsprechender Ladeinfrastruktur über die nächsten Jahre orientieren.
Drei E-Lkw hat die Bamberger Transportfirma Elflein Anfang dieses Jahres bestellt. Zu Beginn des nächsten Jahres sollen sie da sein. Diese Null-Emissions-Fahrzeuge sind die einzigen, die bis Ende 2025 mautbefreit sind.
Aber schon jetzt hat Stefanie Kotschenreuther von Elflein große Bedenken, wie die Fahrzeuge im Alltag eingesetzt werden können. Gerade einmal 200 Kilometer Reichweite haben die Lkw. Eine genaue Planung der Routen, teils auch mit Umwegen, ist dann erforderlich, um Ladestationen anfahren zu können. Denn die gibt es noch nicht ausreichend. Und: Der E-Lkw ist dreimal so teuer wie ein Dieselfahrzeug.
Firma setzt auf LNG-Laster
Das Transportunternehmen hat sich Klimafreundlichkeit auf die Fahne geschrieben und auch zusätzlich einen Mitarbeiter eingestellt, der sich um die Umstellung auf E-Mobilität kümmert. Für das Unternehmen erschien aber bis jetzt nur der LNG-Lkw praktikabel. Er wird derzeit noch erdgasbetrieben und immerhin gibt es schon 150 Tankstellen bundesweit.
Im Januar will Elflein mit seinen 54 LNG-Lkw auf Biogas umsteigen, das bringt eine CO₂-Ersparnis von bis zu 90 Prozent. Auch hier liegt der Anschaffungspreis weit über dem eines Diesels. Die derzeitige Befreiung der Maut für diese LNG-Lkws war ein Kaufanreiz. Doch der soll nach dem Willen der Bundesregierung Ende Januar wegfallen. „Der LNG ist aktuell für uns die einzige Möglichkeit, wettbewerbsfähig am Markt mit alternativen Antrieben etwas zu tun, denn im Vergleich zu anderen alternativen Antrieben ist die Infrastruktur bei LNG vorhanden“, sagt Kotschenreuther.
Alternative Antriebe kommen, doch es braucht Zeit
Im November vergangenen Jahres fuhr der erste Wasserstoff-Lkw auf Deutschlands Straßen. Mittlerweile verspricht ein britischer Hersteller 600 Kilometer Reichweite und deutsche Hersteller auch den Ausbau des Tankstellennetzes.
Der Brennstoffzellen-Lkw wird angekündigt und am Elektro-Lkw wird weiter getüftelt. Ein großer schwäbischer Truck-Hersteller hofft auf die Serienreife für Elektro-Lkw im nächsten Jahr. Auch wenn diese kommen sollte, fehlen nach wie vor schnelle Lkw-Ladesäulen auf Autobahnen.
Derzeit liegt der Marktanteil von batterieelektrischen Sattelschleppern in Deutschland bei weniger als 0,4 Prozent. „Diese massive Mauterhöhung wird der Umwelt keinen messbaren Vorteil bringen, weil es Lkw mit alternativen Antrieben nur in sehr kleinen Stückzahlen zu kaufen gibt“, argumentiert der Bundesverband Güterverkehr Logistik und Entsorgung. Aktuell seien laut „Toll Collect“ gerade einmal 300 im Einsatz.
Maut bald nicht mehr zweckgebunden
Gleichzeitig zur Mauterhöhung im Dezember hebt die Regierung die derzeitige Zweckbindung für die Mauteinnahmen für Autobahnen und Bundesstraßen auf. Das Geld soll nun vorrangig der Bahn zugutekommen. Als 2005 die Maut eingeführt wurde, hieß es, dass dadurch ausländische Nutzer an den Kosten für Reparatur und Ausbau der Strecken beteiligt werden. Das gilt dann so nicht mehr.
Und auch kleinere Transporter ab 3,5 Tonnen sollen (mit Ausnahmen für Handwerker) ab Juli 2024 zur Mautkasse gebeten werden. Die EU sieht das aber eigentlich erst 2027 vor. Ab diesem Zeitpunkt wird es aber dann in Deutschland bereits Transporter bis 3,5 Tonnen treffen. Das wird vor allem für viele Einmann-Unternehmen zum Risiko. Das zuständige Bundesministerium hat errechnet, dass sich die Mehreinnahmen durch die Mautausdehnung auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen auf rund 30 Milliarden Euro von 2024 bis 2027 belaufen werden.