Inspire reicht EU-Beschwerde gegen deutsches E-Lkw-Ladenetz ein

Der Verein Inspire, dem Ladepunktbetreiber wie Ionity, Fastned, EWE Go und EnBW sowie Autohof-Betreiber angehören, hat Beschwerde gegen das geplante Lkw-Ladenetz des Bundes eingereicht – bei der EU-Kommission. Deutschland verzerre den Wettbewerb, so der Vorwurf – und schade damit der Elektromobilität

Laut dem Portal „The Pioneer“ wurde die Beschwerde bereits am 19. Februar an die zur Kommission gehörenden Generaldirektionen Wettbewerb (DG Competition) und Verkehr (DG MOVE) verschickt. Der darin formulierte Vorwurf: Deutschland verstoße mit seinem geplanten Ladenetz gegen Wettbewerbs- und Beihilferecht der EU. Also ein zentraler Punkt, den die EU eigentlich mit seinen beihilferechtlichen Genehmigungen verhindern will.

Mitte September 2024 hatte der Bund offiziell die Ausschreibung zum Aufbau eines Lkw-Ladenetzes entlang deutscher Autobahnen veröffentlicht. Im ersten Schritt geht es dabei um Lkw-Ladeparks an rund 130 unbewirtschafteten Rastanlagen. Bis 2030 sollen aber insgesamt 350 vom Bund geförderte Standorte das initiale Lkw-Schnellladenetz bilden.

Von Inspire gibt es vor allem zwei große Kritikpunkte, die eine Benachteiligung anderer Marktteilnehmer zur Folge habe. Der Staat bezahle bei dem E-Lkw-Ladenetz Errichtung sowie Betrieb und lasse die Standorte von Unternehmen bewirtschaften, die sich auf die Ausschreibung bewerben. „Die volle Kostenübernahme des Bundes führt zu einer Wettbewerbsverzerrung bei bestehender und geplanter Ladeinfrastruktur, insbesondere in unmittelbarer Nähe von Bundesautobahnen“, kritisiert Rechtsanwältin Katharina Boesche, die auch Vorsitzende des Vereins Inspire ist. Sprich: Marktteilnehmer, die ohne Förderung investieren, würden benachteiligt. Damit kannibalisierte das staatliche Ladeprojekt in seiner aktuellen Form das Geschäftsmodell der privaten Unternehmen.

Autohöfe sehen sich diskriminiert

Der zweite Punkt: Die im Verein Inspire organisierten Autohof-Betreiber sehen sich ebenfalls benachteiligt. Sie wollen ihre Flächen in unmittelbarer Autobahn-Nähe für geförderte Lkw-Ladeparks zur Verfügung stellen, wurden aber bei der Ausschreibung nicht berücksichtigt und daher diskriminiert. Im ersten Schritt geht es wie erwähnt um 130 unbewirtschafteten Rastanlagen auf Flächen der Autobahn GmbH des Bundes. Die bewirtschafteten Raststätten von Tank & Rast bleiben bei der ersten Ausschreibungsrunde des Lkw-Netzes außen vor. Das sind über 90 Prozent der in Deutschland bewirtschafteten Rastanlagen. Grund ist die laufende Klage von Fastned gegen die Autobahn GmbH, durch die sich der Ausbau von HPC-Ladern für Pkw und Lkw an Autobahn-Raststätten bereits seit Jahren verzögert. Erst in einer späteren Ausschreibung will der Bund Lkw-Ladeparks an 220 bewirtschafteten Raststätten errichten lassen – wieder nicht an Autohöfen.

Unterstützung bekommt Inspire vom BDEW, der sich in der Vergangenheit bereits mehrfach kritisch zu staatlichen Förderprogrammen zur Ladeinfrastruktur positioniert hatte – wie auch jetzt. „Wir lehnen eine staatliche Ladesäulenförderung und staatliche Ladenetze ab“, wird Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des BDEW, in dem Artikel zitiert. „Der Staat ist nicht erfolgreicher im Bau und Betrieb von Ladesäulen als private Unternehmen.“ Der BDEW fordert zwar, dass der Bund seine Flächen an der Autobahn ausschreiben solle (was er ja getan hat), jedoch nur die Flächen und nicht gleich noch den Bau der Ladeparks. „Dann hätten sich erfahrene Unternehmen schnell um den Aufbau von Ladehubs an der Autobahn kümmern können“, sagt Andreae.

In der EU sind staatliche Beihilfen nur mit einer beihilferechtlichen Genehmigung zulässig, die von der EU-Kommission vor Durchführung der Maßnahmen erteilt werden muss. Gegenüber „The Pioneer“ hat das Bundesverkehrsministerium aber bestätigt, dass man bisher keinen Antrag in Brüssel gestellt hat. Man sei „diesbezüglich mit der Europäischen Kommission in Abstimmungen“.

Ein Punkt, auf den sich die Bundesregierung berufen dürfte, ist ein sogenanntes Marktversagen. Denn dann wäre eine staatliche Beihilfe erlaubt – wenn der Bund denn beweisen kann, dass bei der Ladeinfrastruktur für E-Lkw ein solches Marktversagen vorliegt. Bei der Veröffentlichung der Ausschreibung im September hieß es, dass mit dem initialen öffentlichen Lkw-Ladenetz rund zwei Drittel des erwarteten Ladebedarfs für den Schwerlastverkehr auf bzw. an Bundesautobahnen abgedeckt werden könne. Der Bund erwartet, dass komplementär „ein weiteres Drittel dieses Ladebedarfs durch den Aufbau einer Schnellladeinfrastruktur auf privaten Flächen in der Nähe von Bundesautobahnen erfolgt“. 

Inspire und der BDEW sehen das anders und verweisen auf bereits bestehende Lkw-Ladeparks an Autohöfen oder die Planungen von Unternehmen wie Milence – offen bzw. nicht zentral erfasst ist aber, wie schnell so ein flächendeckendes Lkw-Ladenetz entstehen würde oder vorerst nur wirtschaftlich attraktive Hotspots bedient werden. Ein Marktversagen rechtssicher festzustellen, ist keine einfache Aufgabe.

Parallelen zum Deutschlandnetz für E-Autos?

Bereits beim Deutschlandnetz für Elektroautos gab es Beschwerden von Inspire rund um die Frage der Beihilfe. Sowohl zu den Regionallosen (Ende 2022) als auch den Autobahnlosen (August 2023) gab die EU-Kommission grünes Licht: Man sei nach der Prüfung zu dem Schluss gekommen, „dass die deutsche Regelung notwendig und angemessen ist, um die Einführung von HPC-Infrastrukturen in großem Maßstab zu ermöglichen“. 

Während die geförderten Ladeparks des Deutschlandnetzes erst nach und nach entstehen, rechnet der BDEW vor, dass es mittlerweile in 80 Prozent der 900 Suchräume aus den Regionallosen Ladestationen gebe, die nicht mit dem Deutschlandnetz verbunden sind – wo hingegen in nur drei Prozent der Suchräume Standorte aus dem Deutschlandnetz in Betrieb sind. „Es zeichnet sich leider ab, dass beim Lkw-Netz die Fehler vom Deutschlandnetz wiederholt werden und dass der Aufbau auf den Flächen des Bundes viel zu langsam und bürokratisch vorangehen wird“, so der BDEW.

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