Schadenfreude über England dürfte in Deutschland bald verflogen sein: Auch in der Bundesrepublik fehlen zehntausende Lkw-Fahrer. Wegen der schlechten Rahmenbedingungen und des geringen Einkommens fehlt der Nachwuchs. Logistiker schlagen Alarm.
Leere Supermarktregale und Tankstellen in Großbritannien haben die Bedeutung von Berufskraftfahrern zuletzt deutlich gemacht – doch nicht nur britische Speditionen kämpfen mit dem Mangel. „Großbritannien ist einfach nur der Blick in die Zukunft“, sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), Dirk Engelhardt, der AFP am Dienstag. In Deutschland fehlen demnach aktuell bis zu 80.000 Fahrer.
Jedes Jahr gingen hierzulande außerdem 30.000 Lkw-Fahrer in Rente – und das bei jährlichen Nachwuchszahlen zwischen 13.000 und 17.000, sagte Engelhardt weiter. Der Mangel an Fahrern nehme somit beständig zu.
Eine BGL-Umfrage unter rund 4500 Lkw-Fahrern habe im wesentlichen drei Gründe ergeben. „Der erste liegt auf der Hand, das ist die Entlohnung“, sagte Engelhardt. Problematisch sei zweitens der schlechte Ruf der Branche. Und drittens seien die Rahmenbedingungen des Berufs oft schwer erträglich: Die schlechte Planbarkeit von Verkehr, die mangelnde Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die fehlenden Parkplätze machten den Job für viele unattraktiv. Laut Engelhardt fehlen in Deutschland 40.000 Lkw-Parkplätze, in Europa mehr als 100.000.
Extremer Preisdruck und niedrige Löhne
Lkw-Fahrer verdienten im Jahr 2020 im Durchschnitt 14,21 Euro die Stunde, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. In der Wirtschaft insgesamt lag der durchschnittliche Stundenverdienst für Fachkräfte dagegen bei 19,97 Euro brutto, für Angelernte bei 16,02 Euro. Im Monat bekamen Lkw-Fahrer demnach im Schnitt 2623 Euro brutto; Beschäftigte mit vergleichbarer Ausbildung und Berufserfahrung dagegen verdienten 3286 Euro.
Auch der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Spedition und Logistik (DSLV), Frank Huster, kritisierte die niedrigen Löhne in der Branche. „Die Lohnentwicklungen kommen der allgemeinen Preisentwicklungen nicht nach“, sagte Huster der AFP. Der Grund dafür sei der hohe Konkurrenzdruck. Es bestehe „ein extremer Preisdruck, vor allem auch durch osteuropäische Transportunternehmen, die noch ein anderes Sozial- und Lohngefüge haben“.