Auch in der heimischen Region mangelt es an Busfahrern im ÖPNV. Die Arbeitsagentur vergibt mehr Bildungsgutscheine an Arbeitslose, mit denen der teure Busführerschein finanziert wird. Ohne die Hilfe der öffentlichen Hand sähe die Lage viel schlimmer aus.
Limburg-Weilburg.
Der inzwischen beigelegte Konflikt zwischen der DB Regio Bus Mitte und den angestellten Busfahrern hat vor allem eines deutlich gemacht: Busfahrer sind rar, der Fachkräftemangel zeigt sich in dieser Branche deutlich.
Die Weilburger Busfirma Medenbach zum Beispiel zahlt neu eingestellten Busfahrern nach der Probezeit ein „Begrüßungsgeld“ von 1000 Euro brutto – dafür, das sie einen Arbeitsvertrag unterzeichnet haben. Das Unternehmen übernimmt im Dezember nach einer gewonnenen Ausschreibung ein Linienbündel der DB Regio Bus Mitte und braucht dringend Busfahrer, um die neuen Linien bedienen zu können.
„Wir haben zu wenig Busfahrer in der Branche“, räumt der Geschäftsführer der Verkehrsgesellschaft Lahn-Dill-Weil mbH in Weilburg, Dirk Plate, ein. „Das sieht nicht nur im Moment düster aus, sondern auch in der Zukunft.“
Auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Limburg weist darauf hin, es gebe auf dem Arbeitsmarkt eine große Nachfrage an Berufskraftfahrern, sowohl im Güterverkehr (Lkw) als auch beim Personentransport (Busse). Die Prüfungen zum Berufskraftfahrer bei der IHK Limburg hätten in den vergangenen Jahren zugenommen, teilt Sprecher Matthias Werner mit.
Einen möglichen Grund für den Fachkräftemangel sieht Plate in der nicht gerade üppigen Bezahlung von Busfahrern; die erfolgt zwar in der Regel nach Tarif, „aber das ist nicht der bestbezahlteste Job“, sagt Plate, dessen Gesellschaft in Zusammenarbeit mit dem RMV den ÖPNV im Landkreis Limburg-Weilburg organisiert. Der Stundenlohn liegt bei 13 Euro brutto.
Öffentliche Hand springt ein
Auch Timo Medenbach vom gleichnamigen Busunternehmen in Weilburg räumt ein: „Die Bezahlung der Busfahrer ist der Verantwortung, die sie haben, nicht angemessen.“ Aber einem Busfahrer ein oder zwei Euro mehr pro Stunde zu zahlen, sei nicht möglich. „Dann haben sie bei keiner Ausschreibung noch eine Chance“, sagt er. Jedes Busunternehmen kalkuliere in Ausschreibungen mit dem Tariflohn.
Welchen Einfluss die Personalkosten haben, zeigt sich auch an den dynamisch gestalteten Verträgen zwischen den Verkehrsdienstleistern und den Busunternehmen: Künftige Lohnerhöhungen werden bei einer acht- bis zehnjährigen Laufzeit der Linienbündel pauschal berücksichtigt. Fällt die Lohnerhöhung in den Tarifverhandlungen höher aus als prognostiziert, muss die öffentliche Hand einspringen, weil die privaten Unternehmen die Steigerungen allein nicht tragen können. Gerade auf dem Land könnte sich kaum eine Buslinie nur durch den Fahrkartenverkauf selbst finanzieren.
Das Busunternehmen Medenbach sucht derzeit rund 30 Busfahrer; allein 25 dieser Fahrer werden benötigt, um das in der Ausschreibung gewonnene Linienbündel rund um Limburg nach dem Fahrplanwechsel im Dezember bedienen zu können. Die DB Regio Bus Mitte wiederum will möglichst viele dieser Busfahrer behalten, um sie an anderen Orten einsetzen zu können – und setzt dafür auch Geld ein.
Teurer Führerschein
Ein Hauptgrund dafür, warum es so schwer ist, Busfahrer zu finden, sind die hohen Kosten für den Führerschein. Mit rund 10 000 Euro ist dieser sehr teuer. Die für die Busunternehmen besseren Zeiten, als der Staat diesen Busführerschein im Rahmen der Wehrpflicht für einige Soldaten finanzierte, sind vorbei. „Viele unserer älteren Busfahrer haben ihren Führerschein noch bei der Bundeswehr gemacht“, sagt Timo Medenbach.
Die wenigsten Arbeitgeber in der Branche bilden eigene Busfahrer aus: Zu groß ist die Sorge, viel Geld in die Ausbildung zu investieren, um am Ende zu erleben, dass der frisch ausgebildete Busfahrer sein Geld woanders verdient. Der Führerschein wird daher in der Regel bei privaten Fahrschulen erworben. Die Limburger Fahrschule „Heart Drive“ besuchen zum Beispiel derzeit sieben Personen, die Busfahrer werden wollen – fünf davon finanzieren den Führerschein mit einem Bildungsgutschein der Arbeitsagentur, einer werde von seinem künftigen Betrieb unterstützt, erklärt Junior-Chef André Arbes, ein anderer finanziere den Führerschein privat. Wer die Busfahrerlaubnis in Vollzeit erlangen könne, müsse drei Monate einplanen, schließlich schreibe der Gesetzgeber mindestens 58 Fahrstunden vor.
Auf den Fachkräftemangel haben die Arbeitsagentur Limburg und das Jobcenter Limburg-Weilburg reagiert: 2012 wurde gerade einmal ein Arbeitsloser im Kreis mit einem Bildungsgutschein gefördert, um einen Busführerschein machen zu können, teilt Agentur-Sprecher Ralf Fischer mit. Seit 2015 hätten jedes Jahr mindestens 15 Arbeitslose den Busführerschein erworben (Ausnahme 2016 mit zehn Teilnehmern). In diesem Jahr sind es 15 unterstützte Arbeitslose in den ersten acht Monaten. Nach Fischers Angaben sind geschätzt 75 bis 80 Prozent Vollförderungen, das heißt, die Kosten für den Busführerschein übernehmen Arbeitsagentur oder Jobcenter komplett.
Aus Sicht von Medenbach und Arbes könnten deutlich mehr Menschen den Busführerschein erwerben, wenn die seit 2008 vorgeschriebene theoretische Prüfung zum Berufskraftfahrer bei der IHK einem Personenkreis Rechnung trage, das den Fachkräftemangel teilweise beheben könne – Migranten. Ihre Forderung: Durchgehend Multiple-Choice-Fragen, also die Möglichkeit, richtige Fragen anzukreuzen, statt Antworten in deutscher Sprache aufschreiben zu müssen. Diese Sprachbarriere in der theoretischen Prüfung sei viel zu hoch.