Speditionen müssen mehr für den Kilometer bezahlen. Die Landesregierung möchte auch eine Maut auf Landes- und Kreisstraßen einführen. Die Positionen dazu liegen weit auseinander.
Seit Dezember müssen Speditionen mehr für den Kilometer zahlen. Die Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen enthält seither auch einen Aufschlag für klimaschädliches CO2. Davon erhofft sich der Bund Mehreinnahmen von mehr als sieben Milliarden Euro im Jahr. Doch die grün-schwarze Landesregierung möchte mehr – sie möchte auch eine Maut auf Landes- und Kreisstraßen einführen. Das baden-württembergische Verkehrsministerium hat sich dazu am Dienstag in einem Fachgespräch mit allen Beteiligten ausgetauscht, die Positionen liegen zum Teil weit auseinander.
Bei der Spedition Graeff ist die Geschäftsführung geladen, das Mannheimer Unternehmen in vierter Generation sieht die Branche im Land in Gefahr, sollte eine Maut auf Landesstraßen kommen: „Das, was die Politik in Baden-Württemberg vorhat, im Verkehrsministerium, wäre ein absoluter Wettbewerbsnachteil für Baden-Württemberg“, sagt Jochen Graeff.
Bund hat 2023 über Maut 7,4 Milliarden Euro eingenommen
Im vergangenen Jahr hat der Bund über die Maut auf Autobahnen und Bundesstraßen 7,4 Milliarden Euro eingenommen. Für das laufende Jahr erwartet der Bundesverkehrsminister von der FDP das Doppelte – denn seit Dezember wird eine CO2-Abgabe für Lkw erhoben. Außerdem wird die Mautpflicht auf Autobahnen und Bundesstraßen ab Juli auf 3,5-Tonner erweitert. Für den Spediteur ist klar, wer die Kosten trägt: „Letztendlich landet es beim Verbraucher. Wir müssen es ganz volkswirtschaftlich betrachten. Das heißt, wenn wir eine Steuererhöhung haben, und es ist ja eine Steuererhöhung, landet es zum Schluss auf dem Tisch jedes Einzelnen“, so Graeff.
Wir werden letztendlich teurer, unsere Wettbewerbsfähigkeit sinkt. Und umso mehr ist es jetzt noch mal sehr bedenklich, wenn man das jetzt noch mal erweitern möchte mit einer Landesmaut.
Jochen Graeff, Spediteur aus Mannheim
BW-Verkehrsminister ärgert Haltung der FDP
Das Land habe genug Geld – auch ohne die geplante Lkw-Maut auf Landes- und Kreisstraßen, findet Friedrich Haag, Abgeordneter der FDP im Landtag von Baden-Württemberg. „Wir brauchen Entlastungen statt Belastungen und der Verkehrsminister hat ausgiebig Mittel aus anderen Bereichen, die man umschichten kann, um die Infrastruktur auszubauen und zu erneuern“, so Haag. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) ärgert die Haltung der Partei: „Die FDP und vor allem hier in Baden-Württemberg ist die Partei des Widerspruchs. Auf der einen Seite wollen sie, wo es nur geht, immer mehr Ausgaben. Dann sagen sie aber keine Steuern erhöhen, keine Gebühren erhöhen, Schuldenbremse auf jeden Fall. Das passt nicht zusammen.“
Wenn wir die Modernisierung wollen, wenn wir Klimaschutz wollen, dann müssen wir auch in die Zukunft investieren, das geht nicht kostenfrei.
Winfried Hermann (Grüne), BW-Verkehrsminister
Hermann zieht Vergleich zu Babyboomern
Im Moment geht es nur um den Erhalt von Straßen und Brücken im Land. Wenn jetzt nichts passiere, könnten in sechs Jahren 20 Prozent der Brücken für den Schwerlastverkehr gesperrt werden. Es braucht doppelt so viel Geld wie im Landeshaushalt vorgesehen, sagt Hermann und zieht den Vergleich zu den Babyboomern: „Wir haben eigentlich so eine Brücken- und Straßenbau-Boomer-Zeit, das sind die 50er- und die 60er-Jahre. Und die gehen jetzt nicht in die Rente, sondern die gehen in die Knie und in die Brüche.“
Im Bundesrat gab es im Herbst keine Mehrheit für die Lkw-Maut auf Landes- und Kreisstraßen. Sie ist aber im grün-schwarzen Koalitionsvertrag verankert. Frühestens 2027 soll sie in Baden-Württemberg kommen, bis dahin muss der Verkehrsminister noch viel Überzeugungsarbeit leisten.