Die Neuordnung der Telematikbranche

Die unabhängigen Telematikplattformen haben einen schweren Stand. Immer mehr Technikanbieter bauen ihre eigenen Lösungen aus. Sie schaffen eigene App-Stores, aus denen sich Transportunternehmen bedienen können, wenn sie ihr Flottenmanagement um bestimmte Lösungen erweitern wollen.

Noch bleiben die unabhängigen Telematikplattformen für viele Transport- und Logistikunternehmen attraktiv, wenn sie einen gemischten Fuhrpark besitzen. Auch die Anbindung von Subunternehmern geht mit diesen Plattformen schneller, denn sie sind darauf ausgerichtet, die Telematikdaten der unterschiedlichen Systeme lesen und auswerten zu können. Nach Informationen der Anbieter soll das künftig nicht nur auf den Straßengüterverkehr beschränkt bleiben, auch andere Verkehrsträger sollen sich einbinden lassen.

Da aber andere Telematikanbieter in Sachen Integration weiter aufholen, erweitern auch die Betreiber der bisherigen Integrationsplattformen ihr Spektrum und definieren ihre Produkte nun als Logistikplattformen. So bietet beispielsweise Nic-place mittlerweile ein komplettes Lösungspaket, über das Transport- und Planungsdaten kombiniert und auch umfassend überwacht werden können. Das System kann nun – wie es bei anderen Lösungen auch der Fall ist – die voraussichtliche Ankunftszeit präzise ermitteln. Zudem lassen sich über den sogenannten Marketplace noch weitere Funktionen von Dritten hinzufügen.

Der Plattformgedanke zählt

Auch Project 44, ehemals Gatehouse, ist dabei, die Funktionen zu erweitern, und drängt ebenfalls in Richtung Logistikplattform. Mit der „Ocean Visibility“ macht das Unternehmen den Schritt in Richtung verkehrsträgerübergreifendes Monitoring und verfolgt damit wohl zunehmend das Ziel, die Verlader als Kunden direkt anzusprechen. Dazu dient dann auch das Network Management Center. Die Anwendung für Verlader sorgt dafür, dass nordamerikanische und europäische Transportdienstleister automatisch eingebunden werden können. Die Funktion ist damit ein erstes Zeichen der Übernahme von Gatehouse durch das amerikanische Unternehmen Project 44.

Gleichzeitig rücken die Nutzfahrzeughersteller weiter von ihren bisherigen Insellösungen ab. Bekannteste Vertreter sind Daimler Fleetboard und Tratons Rio. Durch neue Schnittstellen, erweiterte Services und Kooperationen mit anderen Dienstleistern bewegen auch sie sich weg von der reinen Telematiklösung für die Zugmaschinen und hin zu einem komplexeren System für die Supply Chain.

So kündigte Rio erst jüngst weitere Schnittstellen zur eigenen Plattform an. Dazu gehören die Trailertelematik von Wabco, das Analysetool für Lenk- und Ruhezeiten von Dako, der Astrata Mission Planner, das automatische Dispositionsprogramm von Heuremo und das Tankdatenmanagement der DKV Card. Gleichzeitig hat das Unternehmen eine Schnittstelle für Transportmanagementsysteme mit Rio 4TMS entwickelt.

Wer kooperiert, der gewinnt

Auch Daimler Fleetboard ist aktiv dabei, seine digitalen Anwendungen zu erweitern. Die jüngste Ankündigung, die Trailerdaten des Telematikanbieters Idem mit anzuzeigen, unterstreicht auch hier, dass das Ziel Integration heißt, um möglichst umfassende Dienste anbieten zu können. Dass Fleetboard an einer umfassenden Digitalstrategie arbeitet, hat das Unternehmen mit der Übernahme interessanter Lösungen untermautert. So hat Fleetboard die Logistikanwendung Habbl von Eikona gekauft und damit die eigene Transportmanagementlösung ersetzt, die es nie so richtig zum Durchbruch geschafft hat. Die von Eikona entwickelte Software ermöglicht es, LKW der eigenen Flotte, aber auch LKW von Subunternehmern in den Dispositionsprozess zu integrieren, Auftragsdaten bereitzustellen und mit den Fahrern zu kommunizieren. Mit Conizi erwarb Fleetboard zudem eine offene Logistikplattform, die für die Kommunikation der unterschiedlichen Partner sorgt, indem sie sich einmal anmelden. Damit ist der Weg von Fleetboards Digitalstrategie relativ deutlich geworden. (ben)

Astrata

Der Telematikanbieter Astrata Europe ist dabei, eine offene Telematikplattform aufzubauen. Sie soll transportrelevante Daten unterschiedlicher Schnittstellen sowie alle Akteure der Lieferkette wie Transport- und Logistikunternehmen, Speditionen und Verlader zusammenbringen. Der offene Telematikdienst liest Sensoren und Geräte zahlreicher Drittanbieter aus. Eine umfangreiche Bandbreite an Funktionen lässt sich in eine Plattform integrieren und bietet so den Zugriff auf Informationen, die essenziell sind für Transport- und Logistikunternehmen, die Lieferkette und Hersteller. Dazu gehören die Trailerortung, Temperaturanzeige, Türöffnungen, Lenk- und Ruhezeiten, Reifendruck und viele weitere Daten. Es gibt über 100 mögliche Integrationsmöglichkeiten.

Dr. Malek

Dr. Malek Software hat mit Esys einen mobilen Datenlogger zum Aufzeichnen von Temperaturwerten in Transportbehältern auf den Markt gebracht. Der Thermo-Dan ergänzt die Telematiklösung M3 Telematicware, die damit den in der Pharmalogistik geforderten GDP-Standard erfüllt. Im Empfangslager kann der Temperaturverlauf der gesamten Tour automatisch ausgelesen und per Gateway an die M3-Plattform übertragen werden. Das Produkt ist in zwei Versionen lieferbar, die sich durch die Art der Datenübertragung unterscheiden. Zur Wahl stehen Bluetooth 4.x mit einer Reichweite von bis zu 10 m und die Long-Range-Technik, mit der die Daten mehr als 100 m weit übertragen werden können.

Idem Telematics

Idem Telematics hat mit TC Trailer Gateway Pro eine neue zentrale Schnittstelle für Trailerdaten geschaffen. Mit ihr können Signale von Tür, Kühlaggregat und Reifen drahtlos und ohne zwischengeschaltete Geräte verarbeitet und gesteuert werden – und das in beide Richtungen. Durch ein neues Bluetooth-Tag für den Truck erkennt der Trailer selbsttätig, mit welchem Zugfahrzeug er gekoppelt ist. Das TC Trailer Gateway Pro unterstützt neben Bluetooth auch WLAN, 433 MHz sowie 2G/4G mit GPS, Galileo, Glonass und andere Standards. So können Daten aus dem Trailer erstmals direkt ins Fahrerhaus gefunkt werden. Darüber hat Idem Telematics eine gemeinsame Schnittstelle mit Fleetboard geschaffen.

Spedion

Spedion verfeinert in Kooperation mit Samsung das Mobile Device Management (MDM). Mit Mobile Control arbeitet die Spedion App als Geräteadministrator für die zentrale Steuerung der genutzten Endgeräte. Über das MDM lässt sich so detailliert einstellen, welche Angebote die Fahrer über das Endgerät nutzen können und welche nicht. So lassen sich beispielsweise das Deaktivieren des GPS-Signals und das Aufrufen bestimmter Webseiten unterbinden. Darüber hinaus lässt sich auch die APN-Einstellung für die Verbindung ins Internet vorgeben. Meldet sich der Fahrer am Tablet an, wird automatisch die gewünschte Sprache eingestellt. Nutzen können das neue MDM alle Anwender der Spedion App mit einem Samsung-Endgerät ab Android 4.2.2.

ECR Solution

ECR Solution hat eine webbasierte Telematikplattform geschaffen. Sie soll eine zentrale Steuerung der Flotte unabhängig von der Art des Telematiksystems möglich machen. In der webbasierten Plattform EST werden nach Angaben des Herstellers die Fahrzeugdaten der verschiedenen Telematiksysteme in einer Datenbank zusammengeführt. Auf diese können alle an der jeweiligen Telematikkette beteiligten Partnerunternehmen – je nach Berechtigungsstufe – direkt zugreifen. ECR sorgt dafür, dass diese Daten vor Fremden geschützt sind und nur die Personen Zugriff haben, die auch dazu berechtigt sind. Die Daten lassen sich bei Bedarf mit einer Schnittstelle in das vom Verlader oder Spediteur verwendete Transportmanagementsystem (TMS) oder in Warenwirtschaftssysteme (ERP) übertragen.

Trendfire

Der Telematikanbieter Trendfire hat sein Webportal so weit geöffnet, dass es jetzt auch Telematikdaten anderer Hersteller wie zum Beispiel Schmitz Cargobull oder Krone darstellen kann. Die aus verschiedenen Quellen stammenden Temperatur-, Ortungs- und EBS-Daten werden via Schnittstelle an das Webportal gesendet. Über einen zentralen Bildschirm können dort sämtliche temperaturgeführten Transporte und Trailerdaten überwacht werden. Die Lösung richtet sich insbesondere an die Betreiber von Mischflotten, deren Trailer mit Telematiklösungen unterschiedlicher Hersteller ausgerüstet sind.

Dako

Dako hat seine Telematikplattform Tacho Web nach eigenen Angaben komplett überarbeitet und eine Anbindung an eine vollautomatische Tourenplanung geschaffen. Das Tool benötigt lediglich Kundenadressen, die etwa durch einen Excel-Import bereitgestellt werden, und die Angabe der entsprechenden Fahrzeuge. Weiter können Nutzer entscheiden, ob bei den Touren bestimmte Zeitfenster zu erfüllen sind. Die Berechnung läuft dann automatisch. Darüber hinaus hat sich Dako auf die nächste Tachogeneration vorbereitet und kann den neuen Tachografen mit dem Tacho-Remote-Download bereits auslesen.

TIS

Der Anbieter TIS hat die Auftragserfassung erweitert. Damit soll die Rücklieferung von Statusdaten möglich sein. Mit der Lösung können Verlader über einen persönlichen Login selbstständig Aufträge erfassen, die dann ohne Medienbruch direkt in der Disposition des Spediteurs bereitstehen. Der aktuelle Status der per Auftragserfassung angelegten Sendungen kann jederzeit verfolgt werden und lässt sich mit der ETA-Berechnung kombinieren. Somit sehen die Auftraggeber, falls es bei der Abholung zu Verspätungen kommt. Sämtliche Abholstellen können automatisch geocodiert werden.

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