Die Zahlen sind beeindruckend: Um satte 25 Prozent soll laut des aktuellen World Transport Report die Güterverkehrsleistung in Deutschland bis zum Jahr 2040 steigen. Angesichts der schon jetzt oft erschreckenden Enge auf den Autobahnen ist klar: Das geht nicht ohne eine technische Aufrüstung im ganz großen Stil. Wie die aussehen soll – darüber diskutierten Experten jetzt zwei Tage lang auf Einladung der Dekra in Berlin.
Von aktuell 688 auf unvorstellbare 860 Milliarden Tonnenkilometern – das sind die zurückgelegten Kilometer multipliziert mit der beförderten Gütermenge in Tonnen – soll der Güterverkehr auf der Straße binnen weniger Jahre anwachsen. Der Brummi bleibt also auch künftig der wichtigste Helfer in der boomenden Logistik-Branche. Doch was muss sich ändern, an welchen Stellschrauben muss noch gedreht werden, um diese Mehrbelastung zu schultern? Beim Zukunftskongress Nutzfahrzeuge kristallisierten sich die vier Megatrends Telematik, Automatisierung, Digitalisierung und CO2-Reduzierung als zukunftsweisend heraus.
Telematiksysteme sind im Logistikbereich längst unverzichtbar, sie dienen der Effizienzsteigerung, der Vermeidung von Leerfahrten und sorgen auch beim Kunden für Transparenz: Er weiß, wo seine Ware ist und wann sie ankommt. „Transparenz spielt bei diesen Prozessen eine ganz entscheidende Rolle“, so Dekra-Vorstandsmitglied Wolfgang Linsenmeier. Lutz Scholten von Continental Automotive zeigte anhand des „smarten“ digitalen Tachographen 4.0, wohin die Reise geht. Dass die Telematikkomponenten unterschiedlicher Anbieter in den unterschiedlichen Komponenten in Zugfahrzeug und Trailer immer noch häufig nicht kompatibel sind, beleuchtete Jens Zeller von idem telematics. Die Folge: Es erfordere viel Aufwand und Zeit, die Informationsfülle über Position, Geschwindigkeit, Laufleistung, Lenkzeiten oder Bremsbelagverschleiß zusammenzubringen. Er empfahl One-Stop-Lösungen, die herstellerunabhängig arbeiten und unterschiedlich bestückte Flotten mit einem System verwaltbar machen.
Fahrerassistenzsysteme und automatisierte Fahrfunktionen bieten laut Dekra-Mann Linsenmaier ein großes Sicherheitspotenzial, weil sie „Fehler des Menschen verhindern oder deren Folgen vermindern“. Sie müssten aber über den ganzen Lebenszyklus des Fahrzeugs funktionieren und deshalb im Rahmen der regelmäßigen Fahrzeugüberwachung geprüft werden können. Wie weit die Zulieferer und die Hersteller auf ihrem Weg zum unfallfreien Fahren bereits sind, demonstrierten Friedrich Tenbrock vom Projecthouse ADAS CV bei ZF Friedrichshafen etwa am Highway Driving Assist, der versehentliche Spurwechsel verhindert und am in Kooperation mit WABCO entwickelten Evasive Maneuver Assist, der einen Lkw ausweichen und bremsen lässt. Dass die Helfer im Brummi auch für den Schutz der schwächsten Verkehrsteilnehmer sorgen, erklärte Andreas Schwarzhaupt von der Daimler AG anhand des Notbremsassistenten Active Brake Assist 4 mit Fußgängererkennung und des Abbiege-Assistenten, der auch Radfahrer erkenne und den Brummifahrer warne.
Schon VDA-Chef Matthias Wissmann hatte in seinem Eröffnungsvortrag auf die positiven Ergebnisse einer Studie zu Lang-Lkw in Baden-Württemberg hingewiesen. Auf der Tagung waren die als „Monster-Trucks“ verschrieenen Langen natürlich ebenfalls ein Thema. Sinnvoll sind die bis zu 25,25 Meter langen Gespanne demnach nur für vergleichsweise leichte oder voluminöse Güter. Dabei könne ein Lang-Lkw 1,5 konventionelle Gespanne ersetzen und je Tonnenkilometer oder Palettenstellplatz rund 15 Prozent Kraftstoff einsparen, so Stefan Eckert von der Firma thinkstep.
Dass die Zukunft auch Zufahrtsbeschränkungen etwa für Innenstädte mit sich bringt, ist klar. Mit dem eTruck präsentierte Felix Kybart vom Hersteller MAN die Lösung dieses Problems. Bei diesem Brummi ist nicht nur der Antrieb elektrisch, auch sämtliche Nebenaggregate werden mit Strom betrieben – das senkt den Geräuschpegel nochmals deutlich ab. Ein weiteres Beispiel für die effizientere Fahrzeugnutzung durch Vernetzung und Digitalisierung beschrieb Michael Kimmich von Mercedes-Benz Lkw anhand des Systems Uptime. Das neue Konnektivitätsmodul überprüfe in Echtzeit den Status der Fahrzeugsysteme und ermögliche ein frühes Erkennen von kritischen Zuständen. Kimmich: „Wir können Pannen verhindern, bevor sie entstehen.“