Tamara Haupt will nicht mehr Zahnarzthelferin sein, sondern Lkw-Fahrerin. Was ihr an dem Job gefällt und warum sie sich nicht als „Hascherl“ behandeln lässt.
Tamara Haupt, 22, ist gelernte zahnmedizinische Fachangestellte. Doch schon bald wird sie 40-Tonner für das Gersthofer Speditionsunternehmen Roman Mayer fahren. Die junge Frau aus Augsburg erfüllt sich gerade einen lang gehegten Traum: Sie lässt sich zur Berufskraftfahrerin ausbilden.
Seit Beginn der Ausbildung darf sie ans Steuer eines Großlastwagens – allerdings erst mal nur im Inland, sagt der Leiter der Abteilung Berufskraftfahrer an der Berufsschule in Mindelheim, Peter Dempfle. In der Klasse von Ramona Haupt sind es 25 Schüler, davon vier Frauen. Frauen sind unter Lkw-Fahrern nach wie vor eine Seltenheit. Aktuell sind nur 1,7 Prozent der Fahrer weiblich, heißt es vonseiten des Bundesverbandes Güterverkehr, Logistik und Entsorgung. Bei Busfahrern dagegen ist schon fast jeder Dritte weiblich.
Nur wenige Berufskraftfahrer sind Frauen
Geht es nach dem Willen der Branche, dürften sich ruhig noch mehr Frauen zur Berufskraftfahrerin ausbilden lassen. Denn die Unternehmer suchen händeringend nach Fahrern. Zehntausende Stellen sind nicht besetzt. Zu Unrecht, wie Valesca Mayer findet. „Kraftfahrer ist ein toller Beruf. Unsere Mitarbeiter sind nicht nur reine Lenkraddreher, wie viele glauben, sondern müssen jede Menge können. Angefangen von Physik bei der Ladungssicherung bis hin zu Chemie, wenn es um Gefahrguttransporte geht“, sagt sie.
Das schlechte Image, das Lkw-Fahrer oft haben, kann auch Tamara Haupt nicht nachvollziehen. Ebenso wenig wie ihr Ausbilder Helmut Kopold das Vorurteil mag, Frauen seien als Berufskraftfahrer nicht geeignet. „Ich stelle diesbezüglich keine Unterschiede in der Qualität fest“, sagt er überzeugt. 13 Frauen fahren für das Unternehmen Roman Mayer, sechs davon sind in Ausbildung.
Berufskraftfahrerin Tamara Haupt belädt ihren Lkw selbst
Dennoch sind Frauen am Steuer eines Sattelzuges immer noch ein ungewohntes Bild in der Männerdomäne. Manchmal werde man schon noch „blöd angeschaut“, sagt Tamara Haupt, wenn sie aus der Führerkabine aussteigt. Dann kann schon mal ein Spruch kommen – etwa der Art, wo denn der Fahrer bleibe … Die junge Augsburgerin kontert einfach mit einem ebenso dämlichen Spruch.
Und gut ist’s. Ähnlich verfährt sie, wenn es um das Be- und Entladen des Lkw geht. Dann meinen manche männlichen Kollegen, den Kavalier geben zu müssen. Bei Tamara Haupt kommt das nicht gut an. Sie macht ihre Arbeit immer allein und lässt sich nicht als hilfsbedürftiges „Hascherl“ behandeln. Meist aber sei das Auskommen untereinander gut. „Da lernt man tolle Leute kennen“, sagt sie. Auch unter den Kunden.
Der Zeitdruck für viele Berufskraftfahrer ist oft groß
Hoch oben in der Fahrerkabine eines 40-Tonners thronen, das ist für Haupt ein großes Abenteuer. Sie schwärmt von der aufgehenden Sonne, der sie frühmorgens entgegenfährt. Diese Eindrücke seien einfach unbezahlbar. Ebenso wie viele Erfahrungen, die sie in der Ausbildung macht. Beispielsweise, wenn sie in der Werkstatt mithelfen darf oder wenn es ums Kochen auf Reisen geht: Wenn sie unterwegs sind, bereiten sich die Fahrer ihr Essen selbst zu. Wie das geht, lernen die jungen Leute in der Berufsschule alle gemeinsam in einem eigenen Kurs.
Auf der Strecke allerdings ist von allzu großem Zusammenhalt der Fahrer oft wenig zu spüren. Da kommt dann das eigene Ego durch, wie es Haupt formuliert. Sie wundert das allerdings nicht. Der Zeitdruck ist oft groß. Sehr groß. Wenn dann ein Lkw vor einem fährt, der drei Stundenkilometer langsamer ist, dann wird eben überholt – zum Ärger mancher Autofahrer.
Das Elefantenrennen bringe ein paar Minuten, und die seien wertvoll. Wenn sie ihren Termin nicht halten können, „rufe ich die Dispo und den Kunden an“, sagt Haupt. Denn pünktlich sein um jeden Preis und womöglich einen Unfall in Kauf nehmen, will Haupt auf keinen Fall. Die 22-Jährige hat nämlich schon einmal erlebt, wie ihr beladener Lkw bei einer Vollbremsung reagiert. „Man hat den Eindruck, 40 Tonnen stürzen auf einen herein.“
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