Allenbüttel. Irgendwann hatten Rainer und Sabine Liebrenz die Nase voll. Immer wieder waren an ihrem Haus im niedersächsischen Allenbüttel (Landkreis Gifhorn) Autos mit überhöhter Geschwindigkeit vorbeigerast
Um die Fahrer einzubremsen, stellte das Paar einen täuschend echt aussehenden Blitzer auf – mit Erfolg.
„Genauso wie der Verkehr, hat auch die Aggressivität der Autofahrer in den vergangenen Jahren zugenommen“, meint Rainer Liebrenz. Der 58-Jährige wohnt mit seiner zwei Jahre jüngeren Frau direkt an der vielbefahrenen Landesstraße 321 zwischen Braunschweig und Wolfsburg. Dort gilt Tempo 50. „Durch die einseitige Bebauung merken viele Fahrer aber anscheinend nicht, dass sie sich in einer Ortschaft befinden“, versucht Liebrenz einen Grund für die Geschwindigkeiten zu finden, mit denen an seinem Haus vorbeigerauscht wird. „Es wird gehupt und gepöbelt. Mit Rücksichtnahme hat das nichts mehr zu tun“, findet Liebrenz, der selbst Berufskraftfahrer ist.
Irgendwann reichte es den Anwohnern. Vor etwa zwei Jahren, nachdem ein Wagen am Ortseingang eine Grundstücksmauer eingerissen hatte, beschloss das Paar zu handeln. Rainer Liebrenz informierte sich über Attrappen und bastelte mit seinem handwerklichen Geschick einen täuschend echt wirkenden Blitzer, der seitdem auf dem Grundstück steht. Manchen Raser hat der unechte, in dunklem Grün gehaltene Starenkasten schon auf die Bremse gezwungen. Davon zeugen entsprechende Spuren auf der Straße.
„Vor allem in den Randzeiten, wenn abends Auswärtige durch das Dorf donnern, funktioniert der Blitzer ganz gut“, berichtet Sabine Liebrenz. Natürlich hätten sich die beiden auch schlau gemacht, ob sie die Attrappe überhaupt aufstellen dürfen.
„Rechtlich ist es legal, auf dem eigenen Grundstück einen Kasten aufzustellen, der einem festinstallierten Messgerät ähnlich sieht“, bestätigt Jurist Markus Schäpe vom Allgemeinen Deutschen Automobil-Club (ADAC). Wichtig sei dabei nur, dass das Gerät keine Lichtsignale aussende, da Verkehrsteilnehmer sonst geblendet oder irritiert werden könnten. Komme es zum Unfall, habe der Vordermann ohne vernünftigen Grund übermäßig stark gebremst und der auffahrende den gebotenen Sicherheitsabstand nicht eingehalten, erläutert Schäpe. Mit der Frage, ob selbstgebaute Blitzer legal sind, ist der ADAC laut Schäpe schon konfrontiert worden. Ein Trend sei dabei aber nicht zu erkennen. Allerdings gebe es mittlerweile Bausätze oder fertige Attrappen im Internet zu kaufen.
Dass es sich bei der Ortsdurchfahrt in Allenbüttel zunehmend um eine Problemstraße handelt, findet auch der Bürgermeister der Gemeinde, Thomas Goltermann. Geschwindigkeiten von 70 bis 90 Kilometern pro Stunde seien dort schon registriert worden. Da es sich aber um Besitz des Landes handele, seien der Gemeinde bei allen Maßnahmen die Hände gebunden. Auch der Landkreis spreche mit. Von dort heißt es, dass es derzeit keine Daten über die tatsächlichen Geschwindigkeiten gebe. Nach drei geschwindigkeitsbedingten Unfällen in den vergangenen drei Jahren sei die Unfalllage jedoch als unauffällig zu bezeichnen. Fünf Messungen im Jahr 2017 hätten 25 Verwarnungen und drei Anzeigen wegen Ordnungswidrigkeiten, aber kein Fahrverbot zur Folge gehabt.
Da die Chancen auf einen richtigen Blitzer also schlecht stehen, hat ein Dorfverein laut Bürgermeister Goltermann eine Geschwindigkeitsmesstafel für das Jahr 2018 beantragt. Der Vorgang müsse nun durch die Gremien der Gemeinde. Bis dahin helfen sich Rainer und Sabine Liebrenz weiter selbst. Zurzeit bereiten sie einen neuen Prototypen für das Frühjahr vor. „Wenn sich die realen Blitzanlagen entwickeln, müssen wir schließlich auch mit unserer Attrappe nachziehen“, sind sich die beiden einig.
Quelle dieses Artikels klick hier : Weser Kurier