Sinsheim Die Polizei hat am Sonntagabend Lastwagenfahrer auf dem Rastplatz Kraichgau und an anderen Rastanlagen kontrolliert. Das erschreckende Ergebnis: Viele Lkw-Fahrer aus Osteuropa trinken während ihrer Ruhezeit viel zu viel Alkohol.
Der Wind peitscht über den Rasthof Kraichgau bei Sinsheim. Es ist kalt, der Asphalt ist nass und in den Pfützen spiegeln sich die Lichter der Straßenlampen. Sonntagabend, 21 Uhr. Die Polizei Mannheim kontrolliert Lkw-Fahrer auf den sechs Tank-und Rastanlagen in ihrem Präsidiumsbereich.
Das Besondere: Die Beamten prüfen den Alkoholwert, bevor die Brummi-Fahrer mit ihrer Tour starten. Sind die Männer alkoholisiert, kassiert die Polizei Führerschein, Fahrzeugschein und Frachtpapiere ein, bis die Fahrer nüchtern sind. Sie erhalten ihre Papiere zurück und können straffrei weiterfahren.
Dieter Hartlieb klopft an die Fahrertür eines Sattelschleppers aus Osteuropa. Die Tür springt auf. Innen schummriges Licht. Im Seitenfach der Türe steht eine leere Bierflasche. Der Fahrer schaut die Polizisten überrascht an. „Sprechen Sie Deutsch oder Englisch?“, fragt der Beamte der Autobahnpolizei. „A little“, antwortet der 33-jährige Fahrer auf Englisch.
37 Fahrer müssen Papiere kurzzeitig abgeben
Hartlieb und seine Kollegin Laura Altermann erklären ihm, dass sie einen Alkoholtest durchführen. Die Polizistin steigt die Stufen zur Fahrerkabine hoch und hält dem Weißrussen das Alkoholmessgerät vor den Mund. Der 33-Jährige holt tief Luft und pustet hinein. 1,34 Promille steht auf der Digitalanzeige. „Morgen, wenn sich der Alkohol abgebaut hat, fahre ich weiter“, sagt er in gebrochenem Englisch.
Seit einer Woche sei er unterwegs. „Wenn ich fahre, trinke ich nichts“, versichert der Mann. Er und 36 weitere Fahrer müssen in dieser Nacht ihre Papiere an die Polizei abgeben. 474 Fahrer kontrolliert die Polizei Mannheim in dieser Nacht. Jeder Zwölfte ist betrunken. Mit den Kontrollen möchte die Polizei die Brummi-Lenker auf die Problematik hinweisen. Das Ergebnis bezeichnen die Beamten als erschreckend.
Alexander Ulmer leitet den Einsatz. Es ist der sechste, den die Polizei Mannheim vornimmt. „Wir hatten im Oktober einen Fahrer kontrolliert, der 20 Tonnen hochentzündliche Harze transportierte“, sagt der 49-Jährige. Das Ergebnis: 1,6 Promille. „Der Fahrer hat richtig geschwankt.“
Anders ein Pole, bei dem die Beamten Sonntagnacht, eine Stunde vor Ende des Fahrverbots, 3,5 Promille Alkohol messen. „Der ist geradeaus gelaufen und konnte sich noch artikulieren“, sagt Dennis Häfner, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Mannheim am Tag danach.
Fahrer zeigt Verständnis für die Aktion
Zurück auf die Rastanlage Kraichgau-Süd. Altermann und Hartlieb klopfen an die Tür eines Fahrers aus Rumänien. Das Messgerät zeigt 0,0 Promille an. „Ich trinke keinen Alkohol“, sagt der 33-Jährige. Er ist ebenfalls wie sein Kollege aus Weißrussland seit einer Woche unterwegs. Seine Frau und seinen kleinen Sohn vermisst er. Dass seine Kollegen während des Fahrverbots trinken, beobachte er an jedem Sonntag. „Es ist gut, dass die Polizei kontrolliert. Es passieren zu viele Unfälle mit alkoholisierten Fahrern.“
Die Zusammenarbeit mit den Brummi-Lenkern klappe gut, sagt Hartlieb. „Die sind im Großen und Ganzen kooperationsbereit.“ Einer der 474 kontrollierten Männer will seine Dokumente doch nicht abgeben. Bei ihm misst die Polizei zuvor 1,4 Promille. Die Beamten legen eine Kette um die Räder des Lkw. Eine Weiterfahrt ist damit nicht möglich.
Kontrollen werden fortgesetzt
36 der 37 betrunkenen Fahrer kommen aus Osteuropa. Das ergibt die Auswertung. „Die arbeiten für einen Hungerlohn“, sagt Holger Kretz von der Verkehrspolizeidirektion Mannheim. Arbeiten trotz des Fahrverbots am Sonntag sei für sie lukrativ. Während der Zeit, in der sie nicht fahren dürfen und auf dem Rastplatz festsitzen, greifen einige zur Flasche. So, wie offenbar ein weiterer Lkw-Fahrer.
Bei der Kontrolle am Sonntagnacht zeigt das Gerät 1,5 Promille an. Als ihn die Polizei Montagmorgen um 8 Uhr erneut überprüft, weist das Messgerät immer noch 1,4 Promille aus. Er hat offenbar trotz der Kontrolle durch die Beamten weiter getrunken.
„Das Kontrollergebnis erhärtet den Verdacht, dass sieben bis neun Prozent der osteuropäischen Lkw-Fahrer sonntags vor Fahrantritt alkoholisiert sind“, teilt Dieter Schäfer, Chef der Verkehrspolizei Mannheim mit. Man setze deshalb die Alkoholkontrollen im Laufe des Jahres fort.
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