Seit Jahren besteht im Kleinen Deutschen Eck zwischen Tirol und Salzburg ein Nachtfahrverbot für den Schwerlastverkehr. Doch das Verbot halten nur wenige ein. Sehr zum Leidwesen der oberbayerischen Anwohner, die mehr Kontrollen fordern.
Weil nur wenige das Nachtfahrverbot für den Schwerlastverkehr im Kleinen Deutschen Eck zwischen Tirol und Salzburg einhalten, sollen nun Polizeikontrollen entlang der B21 abschrecken – wie zuletzt Ende November in Bad Reichenhall. Zum ersten Mal haben auch die österreichischen Behörden gleichzeitig an den Grenzübergängen kontrolliert. Es war erst die vierte Polizeikontrolle auf bayerischem Gebiet in diesem Jahr, denn sie ist aufwendig. Rund 14 Personen von drei verschiedenen Polizeidienststellen und ein Mitarbeiter des Landratsamts sind nötig, um die vielen Lkw frühmorgens zu kontrollieren.
Beliebte Nachtstrecke für Schwerlaster
Bisher haben die Polizeibeamten bei jeder Kontrolle schwarze Schafe gefunden. Diese Erfahrung sollten sie auch wieder bei der jüngsten Kontrolle machen. Denn die direkte Route von und nach Österreich durch das Berchtesgadener Land, vorbei an den Gemeinden Schneizelreuth, Bad Reichenhall und Piding am Walserberg, wird gerne auch nachts von LKW-Fahrern genutzt, um Zeit zu sparen. Sehr zum Leidwesen der oberbayerischen Anwohner, die engmaschigere Kontrollen fordern.
Nachtfahrten nur mit Ausnahmegenehmigung
Lkw-Fahrer dürfen nur in Ausnahmefällen zwischen 22.00 und 6.00 Uhr durch das Kleine Deutsche Eck fahren. Eine Ausnahmegenehmigung können zum Beispiel Lkw-Fahrer erhalten, die Waren zwischen Salzburg und dem Pinzgau hin- und hertransportieren müssen. Aus anderen österreichischen Bundesteilen nach Salzburg ist eine Ausnahme zum Beispiel bei verderblichen Waren möglich. Außerdem können Logistik-Unternehmen in sogenannten Härtefällen Ausnahmen vom Nachtfahrverbot beantragen. Die Ausnahmegenehmigungen gelten für ein Jahr und kosten jeweils 250 Euro.
Mehr Empfehlung als Verbot
Doch die meisten halten sich nicht an die Regelung. Das zeigte die Bilanz in Bad Reichenhall nach knapp einer Stunde Kontrolle. Von 24 angehaltenen Lkw hatten nur drei eine Ausnahmegenehmigung. Auch bei den bisherigen Kontrollen war Bilanz ähnlich. Es ist ein Beweis dafür, dass das Lkw-Nachtfahrverbot trotz seines rund 30-jährigen Bestehens bisher eher als Empfehlung wahrgenommen wird.
Gründe für Verstöße: Zeitdruck und Blockabfertigung in Tirol
Die Lkw-Fahrer ohne Ausnahmegenehmigung müssen 130 Euro Bußgeld zahlen. Das sorgte auch bei der jüngsten Kontrolle für Diskussionen. Denn der Termindruck und die Blockabfertigung in Tirol, so schilderten es die angehaltenen Lkw-Fahrer, dränge sie dazu, auch nachts durch das Kleine Deutsche Eck zu fahren. Viele ärgert weniger, das Bußgeld zu bezahlen, als auf dem Parkplatz auf die Weiterfahrt warten zu müssen und dadurch wertvolle Zeit zu verlieren.
„Wir wollen einfach nur ruhig schlafen können“
Doch die Anwohner leiden seit Jahren unter dem Lärm. Inzwischen haben sich drei Bürgerinitiativen entlang der Strecke zusammengeschlossen, haben Straßenblockaden organisiert und sich Gehör in der Kommunalpolitik verschafft. „Wir wollen nur, dass das Lkw-Fahrverbot eingehalten wird, und wollen einfach nur ruhig schlafen zu können“, sagt ein Sprecher der Bürgerinitiativen, Ulrich Scheuerl, der jüngst eine Petition im bayerischen Landtag eingereicht hat. Obwohl es das Nachtfahrverbot für den Schwerverkehr seit rund 30 Jahren gibt, werde es aus Sicht der Anwohner zu wenig kontrolliert.
Anwohner fordern mehr Kontrollen und höhere Bußgelder
Sie fordern Lärmschutzmaßnahmen, strengere Kontrollen, höhere Bußgelder und eine automatisierte Kennzeichenerfassung in der Nacht. Doch eine standardisierte Kennzeichenerfassung scheiterte bisher am Datenschutz.
Ortsumfahrung für Bad Reichenhall ist mittelfristig vom Tisch
Auch das Straßenbauamt in Traunstein hat die Verkehrsbelastung im Kleinen Deutschen Eck in einer Stadtratssitzung im April als „kritisch“ beurteilt und geht davon aus, dass der Verkehr weiter zunehmen wird.
Eine viel diskutierte Ortsumfahrung für Bad Reichenhall ist dennoch vorerst vom Tisch. Dafür fehlen dem Straßenbauamt nach eigenen Angaben die Kapazitäten für die Planung. Stattdessen werden andere Maßnahmen umgesetzt. Etwa die Sanierung der Saalachbrücke zwischen Bad Reichehnall und Piding und der Bau einer neuen Anschlussstelle an die A8.
Gute Lösungen nur in Zusammenarbeit mit Österreich
Doch den Anwohnern reicht das nicht. Der wachsende Frust bei den Bürgerinnen und Bürgern ist auch in der örtlichen Politik bekannt. Die Bürgermeister entlang der Route suchen inzwischen gemeinsam mit dem Landkreis nach Lösungen und sind in Kontakt mit der Staatsregierung und den österreichischen Behörden.
„Da hat es in letzter Zeit beim Stichwort Grenzkontrolle Friktionen gegeben“, sagt der Bürgermeister in Bad Reichenhall Christoph Lung. Er verweist damit auf eine weitere Blockabfertigung an der A8 am Grenzübergang Walserberg, die von österreichischer Seite jüngst angedroht wurde. Die Lösungen für das Kleine Deutsche Eck seien ebenso davon abhängig, ob man mit den österreichischen Nachbarn künftig gut zusammenarbeiten könne.