Die letzte Reiseetappe steht an, und sie führt uns wieder gen Norden zu unserem Ziel Berlevag, leider begleitet uns heute ein Tiefdruckgebiet, das sich über die ganze Finnmark, dem nördlichsten Fylke (Provinz) Norwegens erstreckt.
Faszinierend trotz der Kargheit dieser speziellen Landschaft sind die unglaubliche Weite und der Tanafluss, der uns zur Rechten stets begleitet sowie die teils schon recht deutlich in herbstliches Orange-Braun gehüllten Laubbäume.
Als wir Tanabru erreichen, wird vollgetankt, etwas Bargeld gezogen und sodann der letzte Teilabschnitt des heutigen Tagespensums in Angriff genommen.
Teilweise jagen Regenschauer dahin, später, als wir schon an der Küste der Barentsee entlangfahren, fegt uns auch ein heftiger Wind entgegen und die Sonne lässt sich auch wieder mal blicken.
Dann kurz vor 15:30 erreichen wir unser heutiges wie auch das eigentliche Hauptziel unserer gesamten Reise: Berlevåg
Berlevåg – dieser kleine Ort, ein Fischerdorf am nördlichen Ende Europas – hält uns seit vielen Jahren in seinem Bann. Seit ein paar Jahren behaupten wir bei jedem Abschied von dort im Brustton der Überzeugung: diesmal waren wir zum letzten Mal hier oben, denn was soll das denn, 13 Mal haben wir uns in diese abgelegene Ortschaft mit der unbeschreiblichen Magie gezogen gefühlt, mit unterschiedlichsten Reisefahrzeugen: Pkw, Wohnwagengespann, Mietwomo, Mietwagen – irgendwann muss damit ja wohl auch mal Schluss sein, oder?
Aber das Berlevåg-Virus, hat uns nun zum 14. Mal hierher gelotst, um dann beim Abschied wie üblich sagen, jetzt war´s nun aber wirklich das allerletzte Mal…
2013 mit dem Leihwohnmobil 5 Wochen durch Skandinavien und natürlich auch nach Berlevåg.
5 Tage Berlevåg stehen am Programm, und wenn das Wetter es zulässt, werden wir natürlich einige Aktivitäten starten.
Zunächst brauchen wir ein wenig Erholung vom Reisen und den täglichen Kilometern, also passiert erst einmal nicht viel außer Faulenzen, bisschen Lebensmittel einkaufen und uns von Pensionsbesitzer Dieter zum Nespresso einladen lassen. Wir versorgen uns selbst, denn Restaurants gibt´s hier nicht, die angeschlossene Campingküche ist gut ausgerüstet, und nebenan gibt’s noch eine Grillhütte die ebenfalls von allen Gästen genutzt werden kann.
Ein wunderschöner blauer Himmel soweit das Auge, für mich steht fest ich muss auf´s Tanahorn, diesmal alleine, da meine Frau mit ihrem kürzeren Bein da nicht mitmachen will, aber sie fährt mich bis zum Wanderpfad und wird mich dann auch später wieder abholen.
2009 waren wir schon mal gemeinsam dort oben.
Im Hintergrund sieht man die Nordkinnhalbinsel (norwegisch Nordkinnhalvøya), es ist der nördlichste Festlandspunkt des europäischen Kontinents.
Zwar hat es unglaubliche 20°C, doch als Zugabe weht ein orkanartiger Sturm, welcher an Heftigkeit noch zunimmt, je weiter ich mich dem Gipfel nähere. Das Hantieren mit Kamera, Handy, Selfiestick und meiner Tasche wird zur Herausforderung… ich muss ja höllisch aufpassen, dass nichts von diesem böigen Orkan in den Abgrund gerissen wird oder gar mich selbst zum Absturz bringt.
Heute mal eine kleine Reisestory mit Vorgeschichte:
Vor neun oder zehn Jahren, als der Hype mit den Liebesschlössern an Brückengeländern ins Leben gerufen wurde, fanden wir auch, das sei eine richtig hübsche Idee. Und da wir bekannterweise zu den Viel- und Weitreisenden zählen, begann ich vor Abreisen ein paar solcher Vorhängeschlösser zu gravieren, teils mit Initialen und Geburtsjahr, teils auch mit vollen Vornamen und Geburtsdaten usw.
Da wir aber keinerlei Sinn und Gefallen darin entdecken können, Schlösser hinzuhängen, wo eh schon 10.000 andere sind, entschieden wir für uns, die eigenen an Geländern zu befestigen, wo sonst noch keine sind.
Was bietet sich da an, klaro, die Brücken im hohen Norden! Unter anderen kam also auch an die für uns mit Symbolcharakter behafteten Tanabrücke ein solches Schloss. Das war 2009, jedenfalls hielten wir danach immer wieder Ausschau, wenn wir in späteren Jahren dran vorbeikamen. (Es gibt z.B. auch noch Schlösser bei Narvik von uns sowie in Schottland!)
Nun sind jedoch, wie wir dieses Jahr zu unserem Leidwesen festgestellt haben, die Tage der alte Tanabrücke gezählt. Eine neue wird daneben errichtet, die breiter sein und besser dem Standard heutiger Brückenbautechnik entsprechen wird.
Somit sind auch die Tage unseres Schlosses an der alten „Tana bru“ gezählt – schade… wir haben dieses Jahr zum Glück schon wieder neue mitgenommen, wieder graviert und personalisiert!
Die 1948 erbaute Brücke Tana bru („Tana-Brücke“) befindet sich in der gleichnamigen Ortschaft Tana bru. Sie ist mit einer Spannweite von 195 m die längste in Norwegen befindliche Brücke über den Fluss.
Und weil ich zunächst überlegte, wo es wohl am besten und vor allem für immer sein könnte eins hinzuhängen, kamen mir in Berlevåg die Kriegsrelikte in den Sinn, jene einst teilweise gesprengten Wehrmachtsbunker und -Anlagen aus dem 2. Weltkrieg. An denen wird garantiert nichts mehr verändert, nichts vernichtet oder anderweitig zerstört – also, nichts wie raus und die Augen aufsperren: lang hab ich gesucht, bin herumgeklettert und hab überlegt, was für mein Anliegen passen kann. Es musste unentfernbar, im Durchmesser nicht zu groß für den Bügel und auch nicht allzu leicht zu entdecken sein.
Rasch hab ich eine geeignete Stelle gefunden, ich zeig sie euch hier:
Man muss im Leben hin und wieder kleine Verrücktheiten begehen, über die viele den Kopf schütteln und die Stirn runzeln würden – aber, sagt selbst: wär das Leben ansonsten nicht furchtbar gradlinig, öde und langweilig.
Der alte Mann und das Meer (Originaltitel The Old Man and the Sea) von Ernest Hemingway. Wird es nicht Zeit für einen Roman der alte Trucker und das Meer, nein vergesst es, klingt nämlich irgendwie blöd.
Bummeln übers Hafengelände, Pilze sammeln außerhalb des Ortes und eine leckere Mahlzeit daraus bereiten, im Haus dann Fotos runterladen – das alles füllt unsere Tage hier und lässt uns eine schöne Zeit an einem der ungewöhnlichsten Orte Europas erleben.
Hier Josef, der kleine Landsmann einer Camperfamilie aus O.Ö. mit dem Arm einer Königskrabbe. Schmeckt übrigens hervorragend das Fleisch im inneren des Arm (Delikatesse), aber nur gekocht.
Die Zeit ist viel zu schnell vergangen und Morgen ist auch schon wieder Abreise.
Fortsetzung folgt
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