Um den öffentlichen Nahverkehr attraktiver zu machen, führt die Stadt Dachau im Dezember 2020 den Zehn-Minuten-Takt ein. Dazu muss sie mindestens 25 neue Chauffeure einstellen – ein schwieriges Unterfangen
Landauf, landab ist spätestens seit den großen Klimademonstrationen die Rede vom klimafreundlichen Verhalten. In der Debatte wird ein Punkt, den jeder Bürger selbst umsetzen kann, besonders häufig genannt: Der Umstieg vom motorisierten Individualverkehr auf den öffentlichen Nahverkehr. Dabei gibt es jedoch oft ein Problem, nämlich fehlende Busverbindungen oder unzureichende Fahrtakte. Die Stadt Dachau will sich diesbezüglich nicht lumpen lassen und führt im Dezember 2020 den Zehn-Minuten-Takt ein. Eine Hürde gilt es bis dahin jedoch noch zu überwinden. Denn damit die Busse auch wirklich durch die Stadt rollen können, braucht es Menschen, die diese lenken. Die Busfahrersuche gestaltet sich derzeit indes allerdings eher schwierig.
Um den Zehn-Minuten-Takt in Dachau gewährleisten zu können, müssen mindestens 25 neue Busfahrer eingestellt werden, informiert Reinhard Dippold, Leiter der Abteilung Verkehrsbetrieb der Stadtwerke Dachau, die für den Betrieb der städtischen Buslinien zuständig sind. Hinzu kommt, dass für diejenigen Busfahrer, die in Rente gehen und somit aus dem Betrieb ausscheiden, ebenfalls Ersatz gefunden werden muss.
Dementsprechend ist Dippold bereits jetzt – mehr als ein Jahr vor der Einführung des dichteren Takts – auf der Suche nach Personal. Trotzdem ist er zuversichtlich und glaubt nicht, dass der Zehn-Minuten-Takt auf Grund von fehlenden Busfahrern in Gefahr geraten könnte: „Ich würde nicht sagen, dass es kein Problem sein wird, Busfahrer zu finden. Aber mit den nötigen Anstrengungen, die wir auf uns nehmen, werden wir das schaffen.“ Außerdem hätten die Stadtwerke einen klaren Vorteil gegenüber anderen Unternehmen in der Branche: Da die Busfahrer für die Stadt Dachau im öffentlichen Dienst tätig sind, würden sie nach einem anderen Tarifvertrag entlohnt und besser bezahlt, erklärt Dippold. Des weiteren biete die Stadt eine Altersvorsorge an und ermögliche eine gute Planung des Privatlebens. „Darum ist der öffentliche Verkehr in Dachau auch ein bisschen teurer“, stellt Dippold klar. Auch Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) blickt optimistisch in die Zukunft: Zwar könne man noch vieles attraktiver gestalten, ein zentraler Punkt sei aber die Bezahlung – und da sei man „als Stadt schon vorne mit dabei.“
Dippold sieht allerdings auch zwei große Herausforderungen bei der Busfahrersuche: Einerseits seien die Anforderungen an die Fahrer in Dachau sehr hoch. Denn da diese in den städtischen Bussen auch Fahrkarten verkaufen, müssen sie die deutsche Sprache gut beherrschen und das komplette Tarifsystem des MVV kennen. „Schließlich erwarte ich als Fahrgast ja, dass der Busfahrer mir das günstigste Ticket verkaufen und mir Auskunft über meine Strecke geben kann“, gibt Dippold zu bedenken. Andererseits habe sich das gesellschaftliche Ansehen stark verändert: „Früher war der Busfahrer eine Persönlichkeit – ähnlich wie ein Pilot – der mit Hemd und Krawatte ausstieg“, so Dippold. Heute habe ein Busfahrer nicht mehr diesen Status, stattdessen heiße es eher „Fahr schon und schau, dass du pünktlich bist!“
Um die leeren Stellen zu besetzen, kooperieren die Stadtwerke deshalb auch mit der Agentur für Arbeit. Wenn jemand Interesse an der Ausbildung zum Berufskraftfahrer im Personenverkehr habe, könne er aus Dachau bereits im Voraus eine Zusage bekommen, erklärt Dippold. Ein Garant für die erfolgreiche Vermittlung von Busfahrern nach Dachau dürfte das aber nicht sein: „Im ganzen Großraum München ist der Busfahrer ein Mangelberuf“, weiß Wolfram Liebscher von der Agentur für Arbeit in Freising. Er sieht den Grund dafür vor allem in der Arbeit im Schichtbetrieb, weist aber auch darauf hin, dass es sehr schwierig sei, Jugendliche für diesen Beruf zu gewinnen. Denn meistens werde für die Ausbildung der Führerschein B vorausgesetzt. Den wiederum hätten nur wenige junge Erwachsene direkt nach ihrem Abschluss.
Dem Landesverband Bayerischer Omnibusunternehmen (LBO) ist das Problem der fehlenden Busfahrer ebenfalls bekannt. „Fachkräftemangel ist nicht nur ein Busfahrerproblem. Als Branche wissen wir aber, dass wir in Sachen Nachwuchs langfristig etwas tun müssen“, sagt Kirstin Neumayr vom LBO. Eine genaue Ziffer gebe es zwar nicht, doch besonders in Ballungsräumen – wie etwa dem Großraum München – bestünden Engpässe. Die Gründe für den generellen Mangel seien vielfältig, vor allem aber wachse der Markt des öffentlichen Nahverkehrs gerade enorm und das Mobilitätsbedürfnis der Menschen steige. Zudem forderte die Liberalisierung des Fernbusmarkts mehr Fahrpersonal. Als weitere Gründe für den aktuellen Mangel an Busfahrern nennt Neumayr hohe Kosten für Führerscheinerwerb und Weiterbildung, die veränderte Work-Life-Balance besonders junger Menschen und den Wegfall der Bundeswehrpflicht – denn viele erwarben den nötigen Führerschein früher beim Wehrdienst. Außerdem seien 62 Prozent der 41 000 bayerischen Busfahrer zwischen 45 und 64 Jahren alt. Eine Entspannung der Situation ist in nächster Zeit also kaum zu erwarten.
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