Brummi-Infotag: Autofahrer sehen, wie es als Lkw-Fahrer ist
Beim ersten Brummi-Infotag auf dem Rasthof Kirchberg konnten PKW-Fahrer die Sicht von Lastkraftlenkern einnehmen. So soll mehr Verständnis für andere Verkehrsteilnehmer entstehen.
Der König der Straße: Das Gefühl kommt schnell auf, wenn man eineinhalb Meter hoch ins Fahrerhaus eines Lkw klettert. Weit oben über den vielen anderen Verkehrsteilnehmern thront man, das kleine Auto vor einem stört den Blick nicht, selbst wenn es ein bulliger SUV ist.
Ein Problem wird beim Losfahren aber schnell klar: Steht eigentlich jemand vor meinem Fahrzeug? Alles, was kleiner als 1,70 Meter ist und nahe vor oder neben dem Laster steht oder geht, ist quasi unsichtbar. Ebenso alles, was hinter dem Fahrzeug passiert. Da ist ziemlich viel unbekanntes Terrain und das verursacht viele schwere Unfälle, denn den wenigsten Verkehrsteilnehmern ist klar, wie wenig der Lastkraftfahrer tatsächlich sieht.
Überschlagssimulator, Abbiegeassistent und Erdgasantrieb
Diese missliche Lage ist für die Brummi-Fahrer ein mentales Dauerproblem. „Für viele ist gerade der Stadtverkehr ein Himmelfahrtskommando“, weiß Sascha Bernhardt, Fahrschullehrer bei der Academy Heilbronn. „Die meisten fahren mit mulmigem Gefühl. Der Gedanke ist, dass hoffentlich alles gut geht und kein Radfahrer beim Rechtsabbiegen plötzlich an einem vorbeifahren will.“
Um dem gegenseitigen Unverständnis entgegenzuwirken, hat der Fernfahrer-Stammtisch Kirchberg den ersten Brummi-Infotag organisiert. An zahlreichen Ständen konnten sich Interessierte auf dem Rasthof Kirchberg rund ums Thema Lastkraftwagen informieren. Neuere Technologien, wie der Abbiegeassistent oder der Erdgasantrieb, wurden vorgestellt. Besucher konnten im Überschlagsimulator das gar nicht so unwahrscheinliche Umfallen mit dem Lkw erleben, Fahrer konnten sich mit den Beamten des Bundesamtes für Güterverkehr austauschen.
Der tote Winkel bleibt
Vor dem Lkw der Firma Roll liegen auf dem Boden mehrere Folien in verschiedenen Farben. Sie machen ersichtlich, wo überall der tote Winkel für den Fahrer ist – der Bereich, in dem er nicht sieht, was passiert. „Sie können Ihre Spiegel optimal einstellen, der tote Winkel bleibt trotzdem“, erklärt Frank Schmidt, Organisator des Brummi-Tags. „Er verschwindet nur mit den richtigen Assistenzsystemen.“
10 Millionen Euro stellt das Bundesverkehrsministerium bereit, damit Speditionen das System nachrüsten können. Etwa 1500 Euro koste das, erklärt Timo Rüeck von der Firma Roll Truck-Service. Bei einer Investitionssumme von knapp 100.000 Euro pro neuem Lkw sind das in etwa 0,5 Prozent der Kosten.
„Der Abbiegeassistent sollte Pflicht werden bei Neubestellungen“, findet sein Chef Ronny Pflug. Der Notbremsassistent ist bereits vorgeschrieben. Das Problem: Er lässt sich manuell abstellen. Dies würden einige Fahrer machen, wenn sie einen anderen, nur wenig schnelleren Laster überholen wollten, damit der Weg nicht so weit sei, erklärt er. Auch Autos, die in einem Abstand von weniger als 50 Metern vor einem Lkw einscheren, führten dazu, dass das Assistenzsystem plötzlich reagiert und den Laster scharf abbremst.
Kinder sollen sensibilisert werden
„Ein weiterer Grund für Fahrer, das System abzuschalten und dadurch das Unfallrisiko zu erhöhen“, so Pflug. Dementsprechend wichtig sei es auch beim Abbiegeassistent, dass er praktischen und nutzbaren Vorteil bringe. „Es gibt 360-Grad-Kameras, die alles rund ums Fahrzeug auf Bildschirme im Inneren übertragen“, erklärt Rüeck. „Aber der Fahrer muss das ja in kurzer Zeit verarbeiten, da bringt ihm zu viel Information nichts.“
Ein wichtiger Baustein zur Vermeidung von schweren Unfällen mit Personenschaden, sei die Aufklärung anderer Verkehrsteilnehmer. „Wir wollen gerade Kinder sensibilisieren“, erklärt Pflug, der regelmäßig bei Aufklärungsaktionen in Schulen zu Gast ist. „Sie sollen keine Angst haben, aber Respekt vor den Lkw und das Wissen, wie man auf sie im Straßenverkehr richtig reagiert.“
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