LKW-Fahren, das ist für viele junge Menschen nicht mehr attraktiv. Mittlerweile fehlen zehntausende Lastkraftfahrer, sagen Logistikverbände. Die Branche fürchtet Lieferengpässe und wirbt gezielt um Frauen als LKW-Fahrerinnen.
Mittlerweile fehlen zwischen 45.000 und 60.000 Fahrer, schätzen der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) und der Bundesverband Güterverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) – Tendenz steigend. Die Logistikbranche will nun den Beruf attraktiver machen und gezielt Frauen ansprechen.
LKW-Fahrermangel ist Top-Thema bei Messe
Auf der diesjährigen Messe Transport Logistic, die vom 4. bis 7. Juni in München stattfindet, sei der Fahrer- und Fachkräftemangel „das beherrschende Thema im Konferenzprogramm“, sagt Messe-Geschäftsführer Stefan Rummel. Geringer Lohn und schlechte Arbeitsbedingungen haben die Tätigkeit zunehmend unbeliebt gemacht. Das Ende der Wehrpflicht hat den Mangel verschärft.
„Kurz vor dem Versorgungskollaps“
Die Konsequenzen des Fahrermangels seien gravierend: „Wir sind kurz vor dem Versorgungskollaps“, fasst BGL-Vorstandssprecher Dirk Engelhardt die Situation zusammen. Jedes Jahr gehen fast 30.000 Fahrer in den Ruhestand, während nur etwa halb so viele Berufsanfänger nachfolgen. Laut BGL ist fast ein Drittel von ihnen 55 Jahre oder älter, nur etwa 2,5 Prozent der Fahrer sind jünger als 25 Jahre. Der Frauenanteil beläuft sich auf gerade mal 1,7 Prozent.
Zahl der Transporte steigt
Gleichzeitig nimmt die Zahl der Transporte zu. Unter anderem wegen des Booms im Online-Handel ist das Gütervolumen deutlich gestiegen. Dadurch könnten auch Fahrer aus Osteuropa die Lücke nicht mehr schließen, erklärte Engelhardt. Die Spediteure suchten händeringend nach Fahrern. Ein Vertreter der DHL spricht von einem „leer gefegten Markt“.
LKW-Branche will um Frauen werben
„Wir müssen ganz dringend an dem Image des Berufs arbeiten“, sagte BGL-Vorstandssprecher Engelhardt. Man müsse Werbung machen, und es sollen gezielt Frauen angesprochen werden. Der Frauenanteil und mehr Diversität sind auch Messe-Geschäftsführer Stefan Rummel zufolge wichtige Zukunftsthemen der Logistikbranche.
Arbeitsbedingungen verbessern
Um langfristig mehr Fahrer zu gewinnen, müsse sich aber auch die Arbeitsqualität deutlich verbessern, sagte Engelhardt. Die Fahrerhäuser sollen größer und komfortabler werden, es solle eine Toilette an Bord geben. An der Rampe müssten Fahrer außerdem Essen und Trinken bekommen und Sanitäreinrichtungen benutzen können. Von der EU fordert Engelhardt zudem flexiblere Lenk- und Ruhezeiten.
Ein Grund für Fahrermangel: Ende der Wehrpflicht
Ein Grund des Fahrermangels, der in der Debatte immer wieder genannt wird, ist das Ende der Wehrpflicht im Sommer 2011, glauben Engelhardt wie auch ein Sprecher der Rewe Group. Denn in der Bundeswehr können Soldaten, Beamte und Angestellte eine Kraftfahrausbildung absolvieren.
2010, im letzten Jahr vor der Abschaffung der Wehrpflicht, machten etwa 17.800 Menschen eine Kraftfahrausbildung bei der Bundeswehr.
Drohen leere Supermarktregale?
Unter dem Fahrermangel leiden nicht nur Speditionsunternehmen und jene Kraftfahrer, die den Mangel durch Mehrarbeit ausbügeln sollen. „Es betrifft ja letztlich den Kunden, den Verbraucher, wenn die Produkte fehlen“, urteilte Bernd Ohlmann vom Handelsverband Bayern. Auch wenn keiner der angefragten Supermärkte dies bestätigen wollte, ist es Engelhardt zufolge schon zu leeren Supermarktregalen gekommen.
Leere Zapfsäulen könnten folgen. Der Fahrermangel könne sich „ganz schnell spürbar auswirken“, sagte Engelhardt. „Das ist kein Horrorszenario, das wir herbeibeschwören. Der Versorgungskollaps steht wirklich bevor.“
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