Nach dem Unglück zwischen Mertingen und Nordendorf kommt auf: Auch die Umwelt ist geschädigt. Die Polizei zeigt Gaffer an.
Was alles passieren hätte können, darüber will sich Ralf Schurius, Leiter der Polizeiinspektion Rain, erst gar keine großen Gedanken machen. Am Montagmorgen gegen 6 Uhr platzt an einem Lastwagen, der auf der B2 zwischen Mertingen und Nordendorf unterwegs ist, der linke vordere Reifen. Der Fahrer, 43, verliert die Kontrolle über den Sattelzug. Der prallt gegen die Leitplanke, schießt nach rechts und kippt dann auf die linke Seite um. In Bruchteilen einer Sekunde werden von der Ladefläche, die oben offen ist, zigtausende Stahlteile auf alle vier Fahrspuren der autobahnähnlich ausgebauten Bundesstraße geschleudert. Was kaum zu glauben ist: Kein einziges anderes Fahrzeug wird getroffen oder in irgendeiner Weise durch den Unfall beschädigt – auch nicht der Lastwagen, den der 43-Jährige soeben überholen wollte.
Polizei: „Das war ganz großes Glück“
Dessen Fahrer reagiert blitzschnell und kann durch eine Vollbremsung verhindern, dass er in den quer über der Straßen liegenden Laster oder in die rund 20 Tonnen wiegende Ladung rast. Der Beifahrer erleidet einen Schock. Auch der Mann am Lenkrad des verunglückten Lkw kommt glimpflich davon. Er muss wegen kleinerer Verletzungen lediglich ambulant im Krankenhaus behandelt werden. Schurius bilanziert: „Das war ganz großes Glück.“
Straße muss komplett gesperrt werden
Die weiteren Folgen des Unfalls sind allerdings gravierend – sowohl für den Verkehr als auch für die Umwelt. Die B2 muss zum Start des morgendlichen Berufsverkehrs komplett gesperrt werden. In kurzer Zeit bilden sich lange Staus sowohl in Richtung Augsburg als auch in Richtung Donauwörth. Neben Polizei und Rettungsdienst eilen die Freiwilligen Feuerwehren Mertingen und Nordendorf sowie die Straßenmeisterei zum Unglücksort. Dort gibt es zunächst gar kein Durchkommen mehr. Die Edelstahlteile – es handelt sich um Industrieabfall, der von Thüringen ins Stahlwerk nach Herbertshofen (Kreis Augsburg) geschafft werden sollte – müssen mühsam eingesammelt werden. Ein Abschleppunternehmen rückt mit schwerem Gerät an, hat auch einen Radlader mit dabei.
Nach rund einer Stunde kann wenigstens eine Spur in Richtung Donauwörth freigegeben werden. Auf der Umleitungsstrecke, die über Mertingen und Nordendorf führt, stockt derweil der Verkehr immer wieder. Schnell wird klar: Die Bergung des Lasters wird sich wohl bis zum Nachmittag hinziehen. Erst kann die B2 in nördlicher Richtung wieder freigegeben werden, um 13 Uhr wenigstens eine Spur in Richtung Augsburg.
Trinkwassereinzugsgebiet von Mertingen ist betroffen
Aber auch, nachdem der Lkw mithilfe eines Autokrans wieder aufgerichtet und abgeschleppt ist, dauern die Arbeiten auf und an der Bundesstraße an. Grund: Aus dem Tank der Zugmaschine, die auf dem Bankett zum Liegen gekommen ist, sind schätzungsweise 450 Liter Diesel ausgelaufen und im Boden versickert. Deshalb organisiert die Straßenmeisterei eine Baufirma. Die baggert verunreinigtes Erdreich ab und füllt es in Mulden. Gegen Abend stellt sich heraus: Der Schaden für die Umwelt ist größer als zunächst angeommen. Der Sprit ist ins Grundwasser gelangt. „Das Trinkwassereinzugsgebiet der Gemeinde Mertingen ist betroffen“, meldet die Inspektion Rain. Spezialisten des Wasserwirtschaftsamts sind vor Ort. Eine Spur bleibt deshalb bis in den Abend hinein blockiert. Über weitere Maßnahmen wie zum Beispiel einen sogenannten Hilfsschacht wird erst zu später Stunde entschieden.
Der eigentliche Sachschaden beim Unfall summiert sich nach ersten vorsichtigen Schätzungen wohl auf über 60000 Euro.
Gaffer filmen Unfallstelle: Anzeige
Ärger handeln sich fünf Verkehrsteilnehmer ein. Die zücken, als sie in Gegenrichtung an der Unfallstelle vorbeikommen, das Handy und filmen. Die Polizei registriert das verbotene Verhalten der Gaffer und notiert die Kennzeichen. „Das wird zur Anzeige gebracht“, erklärt Schurius. Auf die Handy-Sünder kommen ein Bußgeld von 100 Euro und ein Punkt in Flensburg zu.
Verkehrsteilnehmer bilden keine Rettungsgasse
Kreisbrandmeister Volker Großmann (Mertingen) berichtet, dass die Anfahrt der Feuerwehr nervenaufreibend war. Zahlreiche Verkehrsteilnehmer seien einfach mitten auf der Fahrbahn stehen geblieben. Dadurch sei an vielen Stellen keine Rettungsgasse vorhanden gewesen. Mancher Autofahrer sei augenscheinlich mit der Situation überfordert gewesen. Dass auch Lkw und ein Bus im Weg standen, mag Großmann nicht verstehen: „Das sind Berufskraftfahrer. Die sollten es eigentlich wissen.“
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