Der Marktwert der Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) sei in zwölf Jahren um fast zwei Drittel gesunken – da dürfte Privatisierung kein Tabu sein, meint unser Gastautor Thomas W. Herwig
Längst hat sich die BLG Logistik vom Terminaloperator an den Bremer
Kajen zu einem globalen Logistikunternehmen gewandelt, das 5940
Mitarbeiter in der Kontraktlogistik und 3190 im Bereich Automobile
beschäftigt. Nur noch 1610 Mitarbeiter arbeiten im Containerumschlag.
Zu
den Überlegungen der FDP und der CDU, die BLG Logistics AG zu
privatisieren, gab es zum Teil unsachliche Kommentare, die ich als
Unternehmer und als Bürger Bremens sehr kritisch sehe.
Markus Westermann (Verdi) spricht davon, dass „Tausende von Beschäftigten zum Spielball im Wahlkampf werden und wir jeglichen Einfluss verlieren“. Wer ist „wir“? Spricht Verdi jetzt schon für den Senat oder hat Verdi in privaten Unternehmen keinen Einfluss? Mitbestimmung und Betriebsräte gibt es auch in Privatunternehmen. Sind etwa Mitarbeiter in mittelständischen Privatunternehmen ein Spielball der Märkte?
Senator Günthner spricht der FDP sogar die Ernsthaftigkeit ab und verweist auf „das Verantwortungsbewusstsein für die Arbeitsplätze und die soziale Dimension in Bremen und Bremerhaven“. Er verkennt dabei, dass es nicht allein um Mitarbeiter der BLG geht, sondern um tausende Arbeitsplätze in der privaten Logistikindustrie in Bremen. Die BLG setzt Subunternehmen ein, die ihren Mitarbeitern weniger als den Tariflohn bezahlen. Warum nimmt Herr Westermann mit Verdi hierauf keinen Einfluss? Dem Senator ist dieser Tatbestand bekannt, er betont aber, Bremen habe darauf keinen Einfluss, denn die BLG sei „publicly owned and privately managed“. Ein Unternehmer oder Eigentümer – und sei es der Staat – ist für das, was in seinem Betrieb passiert, verantwortlich.
Seit wann gehört es zu den Kernaufgaben des Bundeslandes Bremen, in den USA, in Südafrika, Indien und Malaysia Logistikdienstleistungen zu erbringen? Warum ist die Stadt Bremen am Containerumschlag in La Spezia, Portugal, Marokko oder auf Zypern beteiligt?
In den Jahren 2007 und 2008 lag der Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) der BLG bei 90,8 und 96,9 Millionen Euro, in 2017 und 2018 bei 33,5 und 37,5 Millionen. Der Marktwert der BLG ist in zwölf Jahren also um fast zwei Drittel gesunken, auch die Dividenden sind entsprechend geschrumpft. Es ist naiv anzunehmen, dass einmal gezahlte Dividenden auf Jahre hinaus weiter sprudeln – Unternehmertum ist immer mit Risiko behaftet, wie das Thema Landesbanken gezeigt hat.
Es spricht vieles dafür, die gegensätzlichen Positionen nicht zu verteufeln, sondern sachlich zu diskutieren.
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