Sogenannte Geisterparker an Autobahn-Raststätten oder Standstreifen sind immer wieder Grund für Unfälle. Doch oft haben Fahrer gar keine andere Wahl als ihren Lkw illegal abzustellen, sagt der Chef des Fachverbands Güterkraftverkehr.
Sattelschlepper in der Notfallbucht oder zugeparkte Einfahrten zu Rastanlagen: Das Problem mit sogenannten Geisterparkern wird größer. Grund ist der sprunghaft angestiegene Handel zwischen Norden und Süden, östlichen und westlichen Ländern in Europa. Ein Großteil der Waren werden per Lkw transportiert.
Deren Wege führen zunehmend durch Hessen, wie Klaus Poppe, Geschäftsführer des Fachverbands Güterkraftverkehr und Logistik Hessen, beobachtet. Doch die Parkplatzangebote für Lkw-Fahrer haben seiner Ansicht nach mit der Entwicklung nicht Schritt gehalten.
hessenschau.de: Herr Poppe, Ihr Verband vertritt rund 700 hessische Güterkraftverkehrsunternehmen. Sie sagen, eines der drängendsten Probleme, mit denen sich Lkw-Fahrer derzeit in Hessen auseinandersetzen müssen, sind die überfüllten Parkplätze entlang der Autobahnen.
Klaus Poppe: Ja, für Lkw-Fahrer, die ihre vorgeschriebenen Pausen und Ruhezeiten einhalten müssen, ist das ein wirkliches Problem. Und es wird immer schlimmer. Hessen ist nach Norden und Süden ein viel befahrenes Transitland. Entlang der Fernverkehrsstraßen fehlen in Hessen mindestens 2.500 Parkplätze.
hessenschau.de: Wie muss man sich die Situation genau vorstellen?
Poppe: Die meisten Lkw-Fahrer fahren ab 17 Uhr von den Autobahnen runter und suchen auf den Parkplätzen und Raststätten einen Platz, wo sie stehen bleiben können. Wenn es dort voll ist, sind die Fahrer in einer dummen Situation: Wenn sie weiterfahren, überschreiten sie ihre erlaubte Lenkzeit.
hessenschau.de: Und wenn sie bleiben, parken sie falsch.
Poppe: Dann parken viele in der Ein- und Ausfahrt entlang der Parkplätze. Manchmal stehen sie auch hintereinander auf dem Standstreifen der Autobahn und stellen ein Warndreieck auf. Das ist nicht zulässig, und es kommt auch zu Unfällen. Wenn ein Lkw im Dunkeln an einer Einfahrt steht, ist das gefährlich.
hessenschau.de: Gibt es keine alternativen Parkmöglichkeiten?
Poppe: Neben den kostenlosen Parkplätzen an den Autobahnen und Raststätten gibt es auch noch private Parkplätze, die Autohöfe. Dort zahlt man in der Regel ein Entgelt von fünf bis zehn Euro, das geht aber oft mit einem Verzehrgutschein und Duschnutzung einher. Aber ab einer gewissen Uhrzeit sind auch die Autohöfe belegt. Wir brauchen einfach mehr Parkplätze.
hessenschau.de: Sehen Sie dabei auch die Politik in der Pflicht?
Poppe: Es bedeutet Investitionen in diese Richtung. Durch die Mautabgaben der Lkw müsste ausreichend Geld vorhanden sein. Allein in Deutschland sind rund 800.000 Menschen als Kraftfahrer beschäftigt. Dass wir so viel Transport haben, hat ja auch mit Wachstum und wirtschaftlichem Erfolg zu tun. Dafür brauchen wir entsprechende Infrastruktur auf den Straßen und eben auch genügend Parkplätze.
Man kann aber nicht nur von der Politik Lösungen erwarten. Zusammen mit unserem Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung und weiteren Partnern arbeiten wir daran, zusätzliche Lkw-Parkplätze auf dem Gelände von Speditionsunternehmen freizugeben. Auch das Vorbuchen und Reservieren eines Lkw-Stellplatzes per App könnte dann möglich sein.
hessenschau.de: Gibt es in Hessen aktuell auch vorbildliche Beispiele?
Poppe: Es gibt einen Autohof kurz vor Kassel in Lohfelden mit einem System, das sich Kolonnenparken nennt. Damit können dort mehr Lkw stehen, als wenn man sie auf einem normalen Lkw-Parkplatz parkt. Lkw-Fahrer sagen bei der Ankunft, wie lange sie bleiben möchten und werden so auf Parkflächen angeordnet, dass sie zum Zeitpunkt ihrer Abfahrt problemlos ausparken und fahren können. Dort wird die vorhandene Fläche gut ausgenutzt. Die andere Möglichkeit ist, mehr Parkplätze zu bauen.
hessenschau.de: Was macht einen guten Parkplatz überhaupt aus?
Poppe: Das ist ein Standplatz, in dem der Fahrer in Ruhe ausruhen, sich bewegen und schlafen kann, mit einer Infrastruktur mit Essen und sauberen sanitären Anlagen. Sinnvoll sind auch umzäunte Gelände, die beleuchtet und von Kameras überwacht sind. Denn sobald ein Lkw steht, besteht die Gefahr von Frachtdiebstahl, besonders bei hochwertigen Gütern.
hessenschau.de: Wie sähe für Sie der ideale Lkw-Parkplatz der Zukunft aus?
Poppe: Generell geht es in Richtung Digitalisierung: Schön wäre, wenn der Fahrer beispielsweise schon eine Stunde vorher wüsste, ob es auf dem angesteuerten Parkplatz noch freie Plätze gibt und ob er einen für sich reservieren kann.
hessenschau.de: Kann es auch sein, dass manche Fahrer einfach die Kosten von privaten Autohöfen scheuen und bei vollen Parkplätzen an Raststätten lieber verbotswidrig parken?
Poppe: Das hängt davon ab, ob solche Parkkosten vom Arbeitgeber bezahlt werden. Bei deutschen Unternehmen bekommt der Fahrer Spesengeld. Aber gerade bei dem international sehr weitläufigen Verkehr – es sind auch viele Speditionen aus Osteuropa unterwegs – ist das sicherlich ein Thema. Und bei vielen dieser Fahrer hat man manchmal den Eindruck, dass die Lkw gar nicht mehr nach Hause fahren, sondern von Deutschland aus operieren. Sie sind hier stationiert und bieten von hier aus günstig Transport an. Das hat mit Wettbewerb zu tun. Auch dadurch entsteht ein Mangel an Parkplätzen.