Der deutsche Transportplattformanbieter TimoCom schätzt das Verhältnis zwischen freien Laderaumkapazitäten und verfügbarem Laderaumangebot in Europa als prekär ein, sieht rosige Zeiten für angehende Berufskraftfahrer und künftig mehr Möglichkeiten für Fuhrunternehmer
Der deutsche Transportplattformanbieter TimoCom schätzt das Verhältnis zwischen freien Laderaumkapazitäten und verfügbarem Laderaumangebot in Europa als prekär ein. Das Frachtaufkommen sei weiterhin überdurchschnittlich hoch, insgesamt hätten enorm viele Auftraggeber in Europa nach passendem Laderaum gesucht, heißt es. TimoCom beruft sich auf eine Auswertung des firmeneigenen Transportbarometers, welches für das gesamte Jahr 2017 ein durchschnittliches Fracht- zu Laderaumverhältnis von 70 zu 30 aufwies.
Rückblickend hatte sich eine Zunahme des Ungleichgewichts bereits 2016 abgezeichnet, obwohl sich das Verhältnis zwischen Fracht und Laderaum mit 53 zu 47 noch deutlich angeglichener zeigte als es im Vorjahr der Fall war. Besonders brenzlig wurde die Situation im vierten Quartal 2017, laut TimoCom gipfelte das Missverhältnis in einem Frachtüberhang von 71 zu 29. Der Grund klingt plausibel wie banal: Es standen zu wenig Lkw zur Verfügung, um das Angebot bewältigen zu können.
Der Wirtschaft geht’s gut, Berufskraftfahrer fehlen
Wenn es um die Ursache dieser Entwicklung geht, muss nicht lange gesucht werden. In Deutschland etwa sorgt die anhaltend gute Exportwirtschaft für ein deutliches Ungleichgewicht, was sich wiederum in steigenden Transportmengen bemerkbar macht, die bewältigt werden müssen.
So weist das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) für das vierte Quartal 2017 in seinem Konjunkturbarometer einen Wert von 109,4 Punkten aus, was auf überdurchschnittliche Zuwächse des Bruttoinlandsprodukts hindeutet. Experten prognostizieren zudem, dass das positive Wachstumsklima weiter anhalten wird.
Überhaupt nicht im grünen Bereich liegen dagegen die Zahlen für die Sparte der Berufskraftfahrer: Nach Angaben des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes (DSLV) fehlen in der Bundesrepublik derzeit mindestens 45.000 Berufskraftfahrer, Beeinträchtigungen im Ablauf seien demnach vorprogrammiert.
Ein großes Problem sei der Wegfall des verpflichtenden Bundesheeres als größter Ausbilder von Berufskraftfahrern, mit der nach Jahren immer noch spürbaren Folge, dass der Laderaum nicht im gleichen Tempo wie die Wirtschaft wachsen kann, erklärt TimoCom-Sprecher Gunnar Gburek.
Gburek sieht jedoch gute Zeiten für jene anrollen, die sich durch strikte Zeitpläne und variable Arbeitszeiten nicht so schnell abschrecken lassen: „Der Beruf des Kraftfahrers wird wieder mehr Wertschätzung erfahren und die Löhne werden steigen. Der Fahrer wird wieder als das betrachtet werden, was er ist: ein unverzichtbarer Partner in einer Lieferkette, die Wohlstand und Wirtschaftskraft in unserem Land sichert.“
Mehr Optionen für Transporteure
Schon heute könnten sich unabhängige Transportunternehmer ihre Auftraggeber aussuchen und sich die lukrativsten Aufträge sichern, denn das Einkaufsverhalten am europäischen Transportmarkt habe sich innerhalb kürzester Zeit spürbar verändert, erklärt Gburek. „Dort wo Auftraggeber vorher ihren Transportpartner gezielt ausgesucht haben, wählen heute die Auftragnehmer in Echtzeit die zu ihren Kapazitäten passende Fracht.“
Das Suchen habe eindeutig die Seiten gewechselt, woraus sich ein neues Kräfteverhältnis am Markt ergebe: „Der Fuhrunternehmer wird sich aus Abhängigkeiten lösen können und seine Leistungen am Markt direkt oder über Frachtenbörsen selbständig anbieten“, so Gburek. Letztlich könne davon die gesamte Branche profitieren: „Transport wird wieder attraktiver.“