Gestrandet am Rand der Autobahnen

Weihnachten – für die meisten das Fest der Familie. Man ist zu Hause und genießt die Annehmlichkeiten der Feiertage. Es gibt aber auch Menschen, die ihre Weihnachtsfeiertage auf wenigen Quadratmetern in der Fahrerkabine ihres Trucks verbringen müssen.

Sven Fritzsche ist Berufskraftfahrer mit Leidenschaft. Am 23. Dezember kam er gerade noch rechtzeitig aus Hannover nach Hause, um Weihnachten mit seiner Frau zu verbringen. Und doch waren beide am ersten Weihnachtsfeiertag ab neun Uhr schon wieder auf der Autobahn unterwegs zu anderen Truckern. Zu denen, die zum Fest nicht bei ihren Familien sein können.

Ein Fahrer sitzt lachend in seinem Lkw und  hält eine Weihnachtstüte in der Hand
Weihnachten auf vier Quadratmetern – Dieser Fahrer freute sich auch über die Aufmerksamkeit. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Drei Teams hatte der Kraftfahrerkreis Chemnitz-Zwickau im Einsatz, um alle Rast- und Parkplätze auf den Autobahnen um Chemnitz anfahren zu können. Im Gepäck hatten Sven Fritzsche und seine Kollegen kleine weihnachtliche Aufmerksamkeiten für die Fahrer an der Strecke. Denn die Geste zählt. „Es geht um Menschlichkeit. Weil die Fahrer, die Weihnachten nicht nach Hause können, haben ja kein Schuld daran. Wir wollen ihnen eine kleine Aufmerksamkeit geben, damit sie wissen, dass sie nicht alleine sind.“ Durch das Fahrverbot an Sonn- und Feiertagen müssen die Trucker drei Tage auf dem Parkplatz zubringen.

Sonn- und Feiertagsfahrverbot In der Bundesrepublik Deutschland gilt an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 0 bis 22 Uhr ein Fahrverbot für Lastkraftwagen über 7,5 Tonnen zulässiger Gesamtmasse sowie für alle Lkw mit Anhänger.
Ausgenommen davon sind Transporte verderblicher Lebensmittel. Quelle: Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) e.V.

Der Kraftfahrerkreis – von Fahrern für Fahrer

Zwei Männer winken aus einem geparkten Lkw
Zwangspause an der Raststätte. Bildrechte: MDR/Thomas Friedrich

Sven Fritzsche gehört zum Kraftfahrerkreis Chemnitz-Zwickau. Die Kollegen der verschiedenen Regionen wollen sich so untereinander vernetzen, Hilfe anbieten bei der Stellensuche, bei Weiterbildungen und gemeinsam fachliche Probleme klären. Der Kraftfahrerkreis Chemnitz-Zwickau sei von Berufskraftfahrern für Berufskraftfahrer gegründet worden, um das Ansehen dieses Jobs zu steigern, so Fritzsche. Denn, wenn man was verändern will, müsse man bei sich selbst anfangen. Mittlerweile gibt es deutschlandweit zwölf Kraftfahrerkreise.

Sprachenbabel auf dem Rastplatz

Spanische, polnische, ukrainische und russische Kennzeichen bestimmen die Rastplätze entlang der A4. Die Fahrer machen aus dem dreitägigen Aufenthalt auf den tristen Parkplätzen das beste. Schlafen, Fernsehen oder mit den Kollegen gemeinsam ein Süppchen kochen. Die meisten von ihnen sind wochenlang unterwegs, quer durch Europa. Ihre Familien sehen sie selten. Die Überraschung über das unerwartete Weihnachtsgeschenk in der Fremde war den meisten dann buchstäblich ins Gesicht geschrieben. „Ich habe schon gestandene Männer erlebt, die in Tränen ausgebrochen sind, als sie unser kleines Präsent bekamen. Das geht einem schon selbst an die Nieren“, erzählt Fritzsche, der die Schenkaktion mittlerweile seit fünf Jahren begleitet.

Lenk- und Ruhezeiten für Lkw-Fahrer Lenkzeit: 4,5 Stunden

tägliche Lenkzeit: 9 Stunden
(Erhöhung 2x pro Woche auf 10 Stunden möglich)

wöchentliche Lenkzeit: 56 Stunden
(in einer Doppelwoche 90 Stunden)

Fahrtunterbrechung: 45 Minuten
(in 15- und 30-Minuten-Blöcke aufteilbar)

tägliche Ruhezeit: 11 Stunden
(Reduzierung drei mal pro Woche auf 9 Stunden möglich)

wöchentliche Ruhezeit: 45 Stunden
(Reduzierung auf 24 Stunden möglich, fehlende Stunden sind innerhalb von drei Wochen nachzuholen)
Quelle: www.arbeitsrechte.de

Romantik auf der Landstraße gibt es schon lange nicht mehr

Der Berufskraftfahrer weiß, dass es die Romantik der ‚Ritter der Landstraße‘ schon lange nicht mehr gibt. „Da sind wir aber auch alle daran schuld mit unserem Konsumverhalten. Heute online bestellt, morgen früh muss die Ware da sein. Dazwischen liegt eben der Transport“, so Fritzsche. „Was wir uns jenseits der Romantik wünschen, ist ein respektvoller Umgang der Verkehrsteilnehmer.“ Die Geschenkaktion ist da eine Geste, die viele Fahrer zu schätzen wussten.

Quelle dieses Artikels klick hier : MDR