Exklusive Blick-Umfrage: Schweizer wollen keine Riesen-Lastwagen auf den Strassen

Die EU könnte Gigaliner-Lastwagen bald zulassen. In der Schweiz sorgen sie für Kontroversen. Eine Umfrage zeigt: 51 Prozent lehnen die Durchfahrt der 25 Meter langen LKW ab.

Sie sind riesig, haben ein Gesamtgewicht von bis zu 60 Tonnen: Gigaliner. In einigen EU-Ländern fahren die über 25 Meter langen Lastwagen bereits, in anderen könnten sie bald kommen. Denn das EU-Parlament beschloss vergangenes Jahr, dass Gigaliner in absehbarer Zeit auch auf den Strassen der EU-Länder fahren dürfen. Noch steht der nötige Entscheid der EU-Verkehrsminister jedoch aus.

In der Schweiz gelten bisher kleinere Masse: Die erlaubten 40-Tönner sind maximal 18,75 Meter lang. Und bereits jetzt sorgen die Gigaliner für Widerstand – von den Kantonen, vom Nutzfahrzeugverband Astag oder von Umweltorganisationen.

Schweiz: 51 Prozent sagen Nein

Klar ist: Aktuell halten die Schweizerinnen und Schweizer wenig von Gigalinern auf Schweizer Strassen. Das zeigt eine Umfrage, die Blick und das Meinungsforschungsinstitut Sotomo durchgeführt haben. 51 Prozent der Befragten sind dagegen, dass Gigaliner die Schweizer Strassen für eine Durchfahrt nutzen dürfen, wenn sie in der EU zugelassen sind. 16 Prozent sagen «eher Nein». 

Die Ablehnung geht quer durch alle Parteien: Bei den Grünen sagen 64 Prozent «Nein», bei der SVP sind es 54, bei der SP 53 Prozent. Am ehesten auf Zustimmung fallen die Gigaliner noch bei FDP-Wählern, doch auch bei ihnen antworten 37 Prozent mit «Nein» und 18 Prozent mit «eher Nein».

Umweltfreundlich oder Sabotage an der Neat?

Befürworter betonen die Umweltfreundlichkeit der Gigaliner: Mit einer Fahrt kann mehr transportiert werden. Zugleich könnte damit der Fachkräftemangel in der Branche abgefedert werden. 

Die Organisation Pro Alps, früher bekannt als Alpeninitiative, beurteilt die Umweltfreundlichkeit ganz anders. Dürften Gigaliner die Schweiz durchqueren, würde das die Verlagerung der alpenquerenden Transporte auf die Schiene gefährden. Denn die Transportkosten pro Tonne Waren sinken mit den Gigalinern. Mit der Zulassung würden die Milliardeninvestitionen in die Neat gefährdet. 

Bereit sind die Strassen heute noch nicht: Ein bald 15 Jahre alter Bericht des Bundesamts für Strassen stellte fest, dass die Nord-Süd-Achse aufgerüstet werden müsste. Rund 75 Millionen Franken könnte der Ausbau bei Zollstationen, Brücken, Auffahrten oder Rastplätzen kosten. 

Parlament muss entscheiden

«Nach dem Nein zum Autobahnausbau fehlt im Moment die Bereitschaft für solche Ausgaben», schrieb SVP-Nationalrat und Transportunternehmer Benjamin Giezendanner (42, AG) kürzlich in einer Stellungnahme seiner Partei. Auch der Schweizer Nutzfahrzeugverband Astag wehrt sich gegen Gigaliner. Diese seien nur auf längeren Strecken sinnvoll und kostendeckend, für Schweizer Camioneure eigneten sie sich deshalb nicht.

So oder so müsste das Parlament über die Einführung entscheiden. Der Kanton Genf will bereits jetzt per Standesinitiative Massnahmen ergreifen. Noch ist der Vorstoss vom Nationalrat nicht behandelt worden. 

Bei der SVP zeigt man sich allerdings skeptisch, dass die Schweiz Gigaliner verhindern kann. «Eine verpflichtende Umsetzung der EU-Gigaliner-Richtlinie scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, wenn man bedenkt, wie der Befehlston bei den EU-Rahmenverträgen aktuell klingt», so Giezendanner.

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