Laupheimer Spediteur warnt – Drohen leere Supermarktregale?

Die Lkw-Maut wird sich bald fast verdoppeln, Spediteure sind in Sorge. Auch Kunden könnten das neue Gesetz schmerzhaft zu spüren bekommen.

Noch weniger Waren in den Supermärkten der Region? Das könnte ab dem 1. Dezember passieren, sagt der Laupheimer Spediteur Markus Barth. Dann tritt das neue Mautgesetz der Bundesregierung in Kraft, das beinahe eine Verdopplung der Mautgebühr für LKW vorsieht.

Die Regierung will den CO₂–Ausstoß im Güterverkehr verringern und Anreize schaffen, LKW–Flotten in die E–Mobilität zu überführen. „Ein Hirngespinst“, sagt Barth, „es dauert mehrere Jahrzehnte, um die entsprechende Infrastruktur zu schaffen.“

Herr Barth, wie hart trifft Sie und Ihre Spedition Barth das neue Mautgesetz?

Ich weiß nicht mehr, wo oben und unten ist. Es ist eine Katastrophe für uns und die gesamte Speditionsbranche. Wir reden fast über eine Verdopplung der Kosten, wenn bei einem unserer 40–Tonner in der Euro–Klasse 6 der CO₂–Aufschlag von 18 auf 34 Cent pro Liter Diesel steigt. Wir haben 60 Fahrzeuge. Momentan zahlen wir jeden Monat 55.000 bis 60.000 Euro LKW–Maut.

Wenn das Gesetz kommt, werden es um die 120.000 Euro. Also Mehrkosten von zirka 720.000 Euro im Jahr. Gleichzeitig steigt zum 1. Januar 2024 die Ökosteuer für Kraftstoffe um vier Cent pro Liter. Unsere Branche wird also zweimal belastet. Ganz zu schweigen von anderen Faktoren, die viele Unternehmen betreffen.

Die Inflation ist so hoch wie noch nie. Die Löhne steigen. Die Spritkosten sind explodiert. Wir können diese Kosten als mittelständisches Unternehmen nicht mehr stemmen.

Trotzdem müssen Sie als Unternehmer eine Lösung finden.

Stand jetzt gibt es nur einen Weg. Wir müssen den Kunden sagen: Übernehmt die Mehrbelastung der Maut! Wenn sie nicht zahlen, dann bleiben die LKW stehen! Es gibt kaum Verhandlungsspielraum bei den geringen Margen in unserer Branche.

Wie reagieren Sie bereits jetzt?

Wir haben entschieden, keine neuen Fahrzeuge anzuschaffen. Es werden auch keine Erneuerungen durchgeführt. Stand jetzt rechne ich damit, dass wir ab Dezember nur noch drei von vier LKW im Fernverkehr betreiben können. Welche Auswirkungen das auf unsere 120 Mitarbeiter hat, kann ich derzeit nicht sagen.

Mit dem Gesetz verfolgt die Bundesregierung den Plan, dass Unternehmen wie Ihre Spedition deutlich mehr LKW mit einem E–Antrieb ausrüsten. Die teure Maut wird bei E–Fahrzeugen bis 2026 erlassen, die Anschaffung eines E–Fahrzeugs soll subventioniert werden. Ist das ein gangbarer Weg?

Nein. Das ist Etikettenschwindel hoch drei! Ein normaler, mit Diesel betriebener LKW kostet rund 120.000 Euro. E–Fahrzeuge liegen bei einem Stückpreis von 400.000 Euro. Die Zuschüsse rechnen sich nicht wirklich. Was viel wichtiger ist: Für die E–Mobilität braucht es eine funktionierende Infrastruktur.

Der Ausbau dauert im Fernverkehr mehrere Jahrzehnte. Die Netzbetreiber sagen: In 90 Prozent der Fälle ist der Netzbetrieb am Betriebsstandort unmöglich. Das Bestromen eines 40–Tonners dauert sechs bis sieben Stunden. Wo soll der viele Strom denn herkommen?

Auf der Teststrecke an der Autobahn 3 scheint es zumindest technisch möglich. Dort können elektrisch betriebene LKW an kilometerlangen Oberlandleitungen über Hochleistungsnetzwerke bestromt werden.

Wer sein Fahrzeug dort bestromen möchte, zahlt das 2000–Fache wie bei einem normalen Dieselfahrzeug. Das ist nicht darstellbar. Selbst, wenn es subventioniert wird. Und mir kann niemand erzählen, dass diese Hochleistungsnetzwerke irgendwann flächendeckend auf deutschen Autobahnen zur Verfügung stehen. Das ist einfach nicht machbar. Zumindest nicht innerhalb von 30 bis 40 Jahren.

Deshalb ist das ganze Maut–Gesetz von vorne bis hinten ein großes Hirngespinst. Man kann den Speditionen nicht sagen: Rüste Deine Fahrzeuge auf E–Mobilität um und dann schau mal, wo der Strom herkommt. Das ist ein Witz! Mich ärgert auch ein weiterer Punkt: Trotz fehlender Parkplätze, Übernachtungsmöglichkeiten, desolaten Straßen und Brücken gehen die Mehreinnahmen der Maut von zirka sieben Milliarden Euro zweckentfremdet an die Deutsche Bahn.

Weltweit wird nach Antrieben mit Wasserstoff geforscht. Wäre das eine Alternative zu den E–Fahrzeugen?

Das Thema ist komplex. Stand heute braucht man ein Volumen um die 12.000 Liter, um ein Liter Flüssiggas zu erzeugen. Dabei geht 40 Prozent der Energie verloren, was nicht besonders wirtschaftlich ist. Hinzu kommen die Gefahren. Man muss einen Druck von 600 Bar erzeugen, bevor Wasserstoff flüssig wird.

Das entspricht ungefähr dem 200–Fachen Druck eines Autoreifens. Man kann sich ausmalen, was passiert, wenn ein Fahrer mit einem Wasserstoff–LKW einen Auffahrunfall auf der Autobahn verursacht. Die Explosion wäre riesig. Es würde sofort ein gigantischer Feuerball entstehen. Ich würde mich nicht in so ein Fahrzeug setzen.

Gibt es denn keine Alternativen in Ihren Augen?

Doch! Es gibt einen synthetisch erzeugten Diesel mit dem Namen HVO. Der Diesel wird aus Abfall und Fett gewonnen. Er ist seit Jahren patentiert. Man kann den HVO–Diesel jedem Dieselmotor zuführen. Er ist kälteresistent bis minus 22 Grad.

Der Diesel ist zwar zehn bis 15 Prozent teurer als herkömmlicher Diesel, aber der Spritverbrauch ist aufgrund seiner Dichte um zehn bis 15 Prozent geringer. Und das Beste: Der Diesel spart 90 Prozent CO₂ gegenüber herkömmlichem Diesel. Er ist sogar biologisch abbaubar.

HVO–Diesel darf in Deutschland nicht verkauft werden, weil er nach einer DIN–Norm aufgrund seiner Dichte nicht als Diesel bezeichnet werden darf. Können Sie das nachvollziehen?

Überhaupt nicht! In Frankreich, Holland, Belgien, in fast allen EU–Ländern dürfen LKW mit HVO fahren. In Deutschland aber nicht. Da wird 90 Prozent CO₂ gespart, aber die Politik sagt: Das ist verboten!

Denken Sie über einen Streik der Speditionsbranche nach, um das neue Maut–Gesetz noch zu verhindern?

Schwierig. Bei einem Streik droht den teilnehmenden Unternehmen der Entzug der Lizenz. Ein Streik würde bei der Bevölkerung für wenig Verständnis sorgen. Gefühlt glauben die Menschen den Worten der Regierung, dass die Verdopplung der Mautgebühr zu mehr Klimaschutz im Güterverkehr führt.

Aber das ist ein Hirngespinst. Sogar ein Schreckensszenario. Faktisch werden weniger Waren in den Supermärkten ankommen, die Waren werden teurer und Menschen werden ihre Arbeitsplätze verlieren.

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