Die Polizei jagt Lkw-Trickser mit neuester Technik

Zu schwer, technische Mängel, übermüdete Chauffeure – jeder dritte Lastwagen, der in einem Schwerverkehrszentrum kontrolliert wird, bleibt hängen. Stark angestiegen ist die Zahl der Manipulationen am Abgassystem. Dank neuer Technik kommt die Polizei den Betrügern besser auf die Spur.

Schwerverkehrszentrum Uri bei Erstfeld. Alle Lastwagen auf der Gotthardachse müssen hier einen Zwischenstopp einlegen. 1500 Lkw sind es jeden Tag, 60 bis 80 kontrolliert die Urner Polizei genauer.

Ein Sattelschlepper aus Rumänien wird zur Kontrollstelle gewiesen. Ein Sicherheitsassistent überprüft Dokumente, Lichter, Bremsen. Er lässt den Chauffeur den Laderaum öffnen, begutachtet Ladung und Sicherung. «Ich werde jetzt zum zweiten Mal innerhalb eines Monats kontrolliert, aber ist schon okay», sagt der Chauffeur – und darf weiterfahren.

Verdacht: AdBlue-Manipulation

Nicht so ein polnischer Lastwagen. Der Verdacht: Manipulation am AdBlue-System. Der Lkw rollt auf den Prüfstand. Ein technischer Kontrolleur schliesst einen neuen, speziell für die Schwerverkehrszentren entwickelten Scanner an einer Buchse unter dem Beifahrersitz an. Mit ihm können die Kontrolleure bis tief in die Fahrzeugsoftware eindringen. Auf dem Tablet leuchtet eine rote Lampe auf. «Wir sehen hier eine Auffälligkeit am AdBlue-System. Vermutlich wurde die Software des Motorsteuergeräts manipuliert», sagt Patrick Zurfluh, Chef der technischen Kontrolle.

Weniger Kosten, mehr Dreck

AdBlue ist ein Gemisch aus Harnstoff und Wasser, das in einem Zusatztank mitgeführt wird. Es zersetzt rund 90 Prozent der Schadstoffe, die beim Verbrennen von Diesel entstehen, in unschädlichen Wasserdampf und Stickstoff.

Das Bild zeigt einen Polizisten der Kantonspolizei Uri, der vor einem Lastwagen der Marke Iveco steht.

Lkw ohne AdBlue-System stossen ungereinigte Abgase aus. Die Transportunternehmen sparen Kosten – pro Lastwagen rund 2000 Franken pro Jahr – und können Abgasnormen und LSVA-Gebühren umgehen.

Die Lastwagen mit manipuliertem AdBlue-System stammen fast ausnahmslos aus dem Ausland. Letztes Jahr erwischten die Kontrolleure in Erstfeld aber auch erstmals einen Schweizer Lkw.

Starke Zunahme der AdBlue-Fälle

Schweizweit wurden letztes Jahr 132 Manipulationen am Abgassystem festgestellt, darunter meistens AdBlue-Betrüge. Das sind 71.4 Prozent mehr als 2022.

Für das Bundesamt für Strassen Astra ist der Anstieg vor allem als Erfolg des neuen Scanners zu werten. Auch wenn es absolut gesehen nur wenige Fälle sind, seien die Kontrollen wichtig. «Aus Umwelt- und Sicherheitsgründen, aber auch, um Marktverzerrungen zu verhindern», so Jérôme Jacky, Astra-Mediensprecher. «Wir gehen davon aus, dass die Stichproben auch abschreckende Wirkung haben.»

Ein krasser Fall

Ein zweiter Software-Test bestätigt die AdBlue-Manipulation am polnischen Lkw. Beim Check der Bremsen und beim Kontrollgang mit der Taschenlampe um und unter dem Fahrzeug kommt noch einiges mehr ans Licht: sechs defekte Bremsscheiben, vier kaputte Stossdämpfer, ungenügende Bremswirkung. Plus die AdBlue-Manipulation.

«Dieses Fahrzeug hat erhebliche technische Mängel und wird nun polizeilich stillgelegt. Es muss vor Ort repariert werden und darf erst weiterfahren, wenn die Betriebssicherheit und die Vorschriften wieder erfüllt sind», erklärt Stefan Simmen, Chef des Schwerverkehrszentrums Uri. Zudem muss der Chauffeur eine Bussenkaution von rund 5000 Franken leisten.

Dieser Lastwagen sei laut Polizei ein krasser, kein alltäglicher Fall. Aber doch einer von vielen Lkw, die nicht korrekt auf Schweizer Strassen unterwegs sind.

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