Nach einem halben Jahr berichtet das Leutkircher Unternehmen von vielen guten Erfahrungen – und einem größeren Defekt.
Seit einem halben Jahr hat die Leutkircher Brauerei Härle wohl einen der ersten Elektro-Lastwagen Deutschlands im Einsatz. Genutzt wird das Volvo-Fahrzeug dort an vier Tagen pro Woche für den regionalen Lieferverkehr. Geschäftsführer Gottfried Härle und Fuhrparkleiter Thorsten Völk berichten von ihren ersten Erfahrungen mit dem E-Lkw und erklären, ob sich der Kauf aus ihrer Sicht gelohnt hat.
Als „durchweg positiv“ beschreibt Gottfried Härle die Eindrücke aus den vergangenen Monaten. Die Reichweite von bis zu 230 Kilometern sei für die Brauerei völlig ausreichend. Vor allem, weil „nicht die riesigen Strecken“ zurückgelegt werden. Etwa 140 Kilometer sei der E-Lkw im Durchschnitt täglich unterwegs, um regionale Kunden mit Getränken zu beliefern.
Ein erster Dämpfer
Allerdings mussten die Brauerei-Verantwortlichen auch schon einen Dämpfer hinnehmen. So war zwischenzeitlich bereits die Batterie defekt und sei auf Kosten des Herstellers anschließend ausgetauscht worden. Härle und Völk sind sich jedoch einig, dass ein technisches Problem ebenso bei einem neuen Diesel-Fahrzeug hätte auftreten können. Das sei beim Brauerei-Fuhrpark mit insgesamt zehn Lastwagen in den vergangenen Jahren auch mehrfach vorgekommen.
Aufgeladen wird der E-Lkw bislang ausschließlich auf dem eigenen Gelände – mit durch Sonnenstrom ökologisch erzeugter Energie. Gespannt waren die Verantwortlichen im Sommer darauf, wie sich das Fahrzeug im Dauerbetrieb und vor allem im Winter schlägt.
Wenn es an die null Grad geht, hat die Batterie weniger Energie.
Thorsten Völk
Aber auch dann sei die Leistung mit einer Reichweite von noch rund 180 Kilometern für die Zwecke der Brauerei ausreichend.
Großes Interesse
Auffällig sei, dass sich viele Kunden und auch andere Menschen aus der Bevölkerung sehr für das E-Fahrzeug interessieren. „Man wird bei den Fahrten eigentlich immer angesprochen“, sagt Völk. Viele stellten dann Fragen technischer Art und zur Funktionsweise.
Anderen Firmen könnten die Brauerei-Verantwortlichen einen E-Lkw empfehlen. Voraussetzung dafür: Es ist ein finanzieller Spielraum vorhanden, um die Mehrkosten bei der Anschaffung zu decken. Beim Bierhersteller belief sich dieser Betrag nach Angaben von Härle auf 50.000 bis 60.000 Euro. Und das, obwohl der Staat bereits 80 Prozent der Mehrkosten – im Vergleich zu einem neuen Diesel-Fahrzeug – übernehme. So betonte Co-Geschäftsführer Esther Straub im Sommer:
Für uns geht es um den ökologischen Gedanken.
Esther Straub
Ein Mix aus Idealismus und schwäbischem Sturkopf sei es, weshalb man trotz der höheren Kosten zugeschlagen habe. Denn betriebswirtschaftlich lohne sich der Kauf des E-Lkw derzeit nicht.
Zweites Fahrzeug gekauft
Bestellt hatte die Brauerei ihr Fahrzeug übrigens rund zwei Jahre vor der Lieferung. Der Volvo FE 42 Electric mit 306 PS stamme aus der ersten Serie, die Volvo für den deutschen Markt produziert hat, berichtet Härle. Das Gesamtgewicht beläuft sich auf 19 Tonnen, die Nutzlast beträgt 7,6 Tonnen. Von rund 100 Fahrzeugen sei bei dieser Serie die Rede gewesen. Bei den Herstellern MAN und Daimler war man bei Lkw dieser Größenordnung zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in der Serienproduktion. Daher ist sich Härle sich relativ sicher, dass „ihr“ E-Lkw mit zu den ersten serienmäßig hergestellten in Deutschland gehört.
Einen zweiten E-Lastwagen hat sich das Leutkircher Unternehmen bereits gesichert. Härle rechnet damit, dass dieser ab März einsatzbereit ist. Auch für die Zukunft hat der Unternehmer die Absicht, bei Neuanschaffungen auf E-Fahrzeuge zurückzugreifen. Das hänge – „realistisch betrachtet“ – aber auch mit den Kosten und Förderungen zusammen, die es zum jeweiligen Zeitpunkt gibt. „In den nächsten zwei Jahren brauchen wir auf jeden Fall keine neuen Lkw.“