Umweltschützer und LKW-Verband kämpfen gemeinsam gegen Gigaliner

60 Tonnen schwere Lastwagen will die EU-Kommission. Verschiedene Verbände formieren sich dagegen.

Fahren bald riesige Lastwagen – sogenannte Gigaliner – durch ganz Europa? Das jedenfalls ist der Plan der EU-Kommission.

In der Schweiz hält man davon wenig. Sowohl Umweltschutzverbände als auch der Bund und selbst die Lastwagenlobby winken ab. Dennoch befürchten sie, dass die EU dermassen Druck macht, dass auch die Schweiz einknicken könnte.

Gigaliner bremsen ganz klar das Erfolgsmodell der Schweizer Verlagerungspolitik aus.Autor: Django Betschart (GLP) Geschäftsführer Verein Alpeninitiative

Für Django Betschart steht fest: «Gigaliner bremsen ganz klar das Erfolgsmodell der Schweizer Verlagerungspolitik aus», so der Geschäftsführer der Alpeninitiative. Der Verein setzt sich für den Schutz vor dem Transitverkehr durch die Alpen ein. «Je billiger die Tonne auf der Strasse wird, desto schwieriger ist es für die Bahn, in diesem unfairen Konkurrenzkampf mitzuhalten.»

Für die EU-Kommission wird mit den Gigalinern aber der Transport nicht nur billiger, sondern auch umweltfreundlicher. Denn es brauche weniger Fahrten für mehr Ware. Die neuen Gigaliner sollen in Zukunft auch emissionsfrei unterwegs sein.

Betschart traut dem nicht: «Klimafreundlich, sprich fossilfrei, sollen die Gigaliner laut der EU erst 2035 sein, also in zwölf Jahren. Und mindestens bis dahin sind solche Diesel-betankte Ungetüme auf der Strasse kaum ein Beitrag zur CO₂-Reduktion.»

Die Idee mit den Gigalinern ist nicht neu. Bereits vor über zehn Jahren wollte die EU diese Monstertrucks einführen. Damals scheiterte sie aber noch an internem Widerstand.

Das Bundesamt für Strassen Astra hat bereits 2011 eine Studie zu einer möglichen Zulassung von Gigalinern machen lassen. Diese Studie kam zum Schluss, dass eine generelle Einführung auf Schweizer Strassen nicht möglich ist ohne Kosten für Anpassungen an der Infrastruktur in dreistelliger Millionenhöhe. Die Studie sei auch heute noch aktuell, heisst es beim Astra auf Anfrage.

Der internationale Transitverkehr von Grenze zu Grenze gehört auf die Schiene.Autor: André Kirchhofer (FDP) Vizedirektor des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands

«Der internationale Transitverkehr von Grenze zu Grenze gehört auf die Schiene, und insofern lehnen wir die Einführung von Gigalinern ab», meint André Kirchhofer, Vizedirektor des Schweizerischen Nutzfahrzeugverbands Astag.

«Ein kleiner Vorteil könnte sein, dass es für mehr Ladungen weniger Chauffeure braucht.» Denn auch die Chauffeurbranche bleibe nicht vom Fachkräftemangel verschont.

Aber die Nachteile überwögen, sagt Kirchhofer. Neben der Strasseninfrastruktur passe auch die Topografie nicht zu solch langen und schweren Lastwagen. Die Strassen hierzulande sind vielfach zu steil und auch zu eng.

Kampfbereite Front gegen Gigaliner

Alpeninitiative wie auch Astag befürchten aber, dass die EU auf die Schweiz Druck ausüben wird. Spätestens wenn es um eine Neuauflage des gescheiterten Rahmenabkommens gehe, werde das Lastwagengewicht zum Thema werden. Davon ist Kirchhofer überzeugt. Er erinnert an die Verhandlungen der Bilateralen I.

Betschart von der Alpeninitiative meint: «Wir werden nun alle Hebel in Bewegung setzen, um in Zusammenarbeit mit den europäischen Umweltverbänden und verbündeten Kräften im EU-Parlament die europaweite Zulassung zu verhindern.»

Ein Verbündeter dürfte Österreich sein. So hat jüngst die österreichische Verkehrsministerin in einem Zeitungsinterview gesagt, man werde sich vehement gegen Gigaliner wehren. Allerdings ist unser Nachbarland mit dem Widerstand innerhalb der EU allein. Da wird auch die Unterstützung aus dem Nicht-EU-Land Schweiz nicht viel nützen. Es gilt, die Entscheidung der europäischen Verkehrsminister abzuwarten.

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