Eine für viele Beobachter äußerst überraschende Entwicklung zeichnet sich im polnischen Transportsektor ab: Während Anfang des Jahres noch geschätzt wurde, dass allein in Polen 100.000 Lkw-Fahrer fehlen, geht der Bedarf nun seit wenigen Monaten deutlich zurück – und das zum ersten Mal seit etlichen Jahren. Besonders ist diese Entwicklung aktuell im internationalen Güterverkehr zu spüren. Entsprechende Signale aus der Branche dringen zu den Verbänden wie etwa der Nordpolnischen Handelskammer in Stettin.
Weniger Geld für die Fahrer
Auch die Gehälter fielen erstmals seit langer Zeit, im April teils um 15 bis 20 Prozent. Dies ist umso erstaunlicher, als bisher immer noch die Annahme galt, dass sich das Problem des Fahrermangels immer weiter zuspitze und gleichzeitig die Löhne und Gehälter der Fahrer weiter in die Höhe schießen (wir berichteten). Die Gründe für den plötzlichen Stimmungswechsel sind noch nicht vollständig erforscht – auch nicht, ob die Entwicklung von Dauer ist oder ob es nur zu einer zwischenzeitlichen Delle kam. Experten halten die gesunkenen Treibstoffpreise für eine der Ursachen. Schiffstransporte seien in diesem Jahr gegenüber 2023 wieder deutlich günstiger geworden und machten dem Straßentransport Konkurrenz. Hinzu kommt aus Sicht von Branchenvertretern die immer stärker voranschreitende Diversifizierung des Logistiksektors, von der u.a. auch der Bahntransport profitiert.
Dennoch sind sich die Verbände einig, dass ein Fahrerproblem auf Polen zurollt: Weil zu wenige junge Fahrer nachrücken, ist das Durchschnittsalter der Trucker schon jetzt recht hoch. Wenn viele von ihnen in Ruhestand gehen, wird sich der Fahrermangel selbst bei entspannterer Gesamtlage bald wieder dramatisch zuspitzen.