Nach fünf Wochen Streik auf der Raststätte Gräfenhausen ist eine Einigung zwischen osteuropäischen Fernfahrern und ihrem polnischen Arbeitgeber erzielt worden. Die Bedingungen der Fahrer seien von der Spedition grundsätzlich akzeptiert worden, sagte der Verhandlungsführer.
m Lkw-Fahrer-Streik an der A5 nahe Weiterstadt (Darmstadt-Dieburg) ist am Mittwoch offenbar der Durchbruch gelungen. Das verkündete der Unterhändler der vor allem aus Georgien und Usbekistan stammenden Fahrer, Gewerkschafter Edwin Atema aus den Niederlanden.
Arbeitgeber will Klagen zurückziehen
Eckpunkte der Vereinbarungen sind den Angaben zufolge, dass alle Geldforderungen der Fahrer bezahlt werden und der Arbeitgeber alle womöglich eingereichten Klagen zurückzieht. Der Arbeitgeber habe eine schriftliche Vereinbarung unterschrieben, dass er alle Zahlungen zeitnah auf die Konten der Fahrer überweise, hieß es.
Wann die Lkw nach Beendigung des Streiks an der Rastanlage abgeholt werden können, steht noch nicht fest. Einige der Fahrer haben bereits angekündigt, nicht mehr für ihren Auftraggeber weiterarbeiten zu wollen.
DGB: keine Einzelfälle sondern die Regel
Atema lobte noch einmal den Willen und das Durchhaltevermögen der Fahrer. „Die Fahrer haben Deutschland und Europa aufgezeigt, was in der Branche vor sich geht“, sagte er. Sie seien von ihrem Arbeitgeber wie Tiere behandelt worden „und haben wie Löwen gekämpft und gewonnen“. Menschen wie sie veränderten die Branche, betonte er.
DGB-Bundesvorstandsmitglied Stefan Körzell sagte am Mittwoch: „Mit ihrer Aktion haben die Fahrer auf ausbeuterische Arbeitsbedingungen in der Logistikbranche hingewiesen, die leider keine Einzelfälle, sondern die Regel in der europäischen Logistikbranche sind.“ Er forderte verstärkte und schärfere Kontrollen durch die zuständigen Behörden, „um Mindestlohnansprüche über Ländergrenzen hinweg durchzusetzen“.
Fernfahrer drohten mit Hungerstreik
Die Einigung wird auf der Raststätte Gräfenhausen verkündet. Bild © Mike Marklove/hr Ende des Audiobeitrags
Seit dem 18. März hatte sich eine zunehmende Zahl der Fahrer des polnischen Unternehmens Mazur mit ihren Fahrzeugen an der Raststätte Gräfenhausen dem Streik angeschlossen. Inzwischen sind es 65 Fahrer, die auch von deutschen Gewerkschaften und dem Beratungsnetzwerk Faire Mobilität unterstützt wurden.
Die Fernfahrer waren in den Streik getreten, weil sie nach eigenen Angaben seit Wochen, teilweise seit Monaten nicht bezahlt worden waren. Einen Teil ihres Lohns erhielten sie, doch noch immer schulde der polnische Spediteur ihnen rund 100.000 Euro, hieß es vor einer Woche. Nachdem die Lohnverhandlungen zwischenzeitlich abgebrochen worden waren, hatten einige der Fahrer mit einem Hungerstreik gedroht.
Privat-Miliz aus Polen bedrängte streikende Fahrer
Die Fahrer, die monatelang auf europäischen Straßen unterwegs waren, lebten in der Zeit auf der Raststätte ausschließlich in ihren Fahrzeugen. Ein Arztmobil betreute sie.
Am Karfreitag war es zur Eskalation und zu einem Großeinsatz der Polizei auf der Raststätte gekommen. Der polnische Spediteur versuchte, den Streik mit Gewalt zu beenden. Dafür beauftragte er den in Polen prominenten Detektiv Krzysztof Rutkowski.
Körzell sagte, die Mazur-Gruppe stehe für „die Fratze der Ausbeutung auf Europas Straßen“. Dem Unternehmen gehöre auf Dauer die Transportlizenz entzogen. Für die eingesetzten Schläger forderte Körzell ein Einreiseverbot nach Deutschland.