Was zur Verkehrsrevolution mit Wasserstoff-Lkw noch fehlt

Für den Klimaschutz sollen künftig mehr mit Wasserstoff betriebene Lkw in Hessen unterwegs sein. Doch das Modellprojekt offenbart noch einige Mängel.

Auf dem Weg zu mehr Klimaschutz im Güter- und Wirtschaftsverkehr per Lkw geht es bundesweit nicht gerade im Eil-Tempo zu. Auch in Hessen sind die wasserstoffbetriebenen Laster nicht auf der Überholspur unterwegs. Doch bei einem hessenweit einmaligen Pilotprojekt in Fulda und Umgebung soll nach einem Stotter-Start – auch pandemie-bedingt – nun ein Gang zugelegt werden.

Die Wasserstoff-Lkw sollen, so die Vision, die Diesel-Dreckschleudern irgendwann weitgehend auf den Straßen ersetzen. Das ist auch ein Baustein, damit Deutschland sein Klimaziel erreichen kann und bis 2045 klimaneutral ist.

Wasserstoff soll auch in Hessen für die Energiewende eine immer größere Rolle spielen. Das Land befindet sich zugleich in einem Spagat zwischen Hype und Wirklichkeit. Wie hochgesteckte Ziele scheitern können, zeigte sich jüngst in Wiesbaden. Dort setzte die Stadt zunächst groß auf Linienbusse mit Wasserstoff. Wegen Problemen kommt jetzt aber wieder die Rückkehr zu Diesel-Bussen – ganz zum Ärger der Politik.

Auch die Logistik-Branche redet schon seit langem über die Dekarbonisierung. Das bedeutet: Reduzierung von CO₂-Emissionen mit dem Langfrist-Ziel, keine Treibhausgase mehr in die Luft zu blasen.

Wasserdampf statt Abgase

Bei den Lkw der Zukunft wird Wasserstoff getankt. Der reagiert in einer Brennstoffzelle kontrolliert mit Sauerstoff und produziert elektrischen Strom, der wiederum den Motor antreibt. Einzige Emission dabei: Wasserdampf – statt Abgase. So soll die Brennstoffzelle besonders im Schwerverkehr zur klimafreundlichen Alternative für Diesel-Antriebe werden.

Wie das Projekt in einer Pilot-Region wie Osthessen erprobt werden soll, wurde vor gut eineinhalb Jahren in einer Studie vorgestellt. Dann passierte erstmal wenig. Vor kurzem haben sich nun verschiedene Akteure, zum Beispiel Speditionen und Forschungseinrichtungen, in einem sogenannten Cluster zusammengeschlossen. Sie wollen das Projekt mit vereinten Kräften vorantreiben. Es ist in der Region Fulda angesiedelt, weil dort diverse Autobahnen verlaufen.

Projekt-Träger des Zusammenschlusses mit dem sperrigen Namen „HyWheels-Hessenflotten-Cluster“ ist die Wirtschaftsförderung der Region Fulda zusammen mit der Stadt, dem Landkreis und der IHK Fulda. Finanzielle und fachliche Unterstützung liefert die Landesstelle Wasserstoff der LandesEnergieAgentur (LEA) und das Bundesverkehrsministerium.

„Müssen Pionier-Arbeit betreiben“

Auf die Frage, wie weit Hessen bei der Wasserstoff basierten Transportlogistik gekommen ist, sagte eine LEA-Vertreterin dem Hessischen Rundfunk: „Es ist nicht einfach und kein Thema, das sich schnell umsetzen lässt. Wir stehen noch am Anfang und müssen Pionier-Arbeit betreiben. Innovationen brauchen immer Zeit.“

Die LEA-Sprecherin verwies darauf, dass es zum Beispiel bei der Solar-Energie auch Dekaden gedauert habe, bis sich die Technologie etabliert habe.

Doch das aktuelle Problem: Damit die Wasserstoff-Brummis ins Rollen kommen, muss erst noch eine Grundlagen-Infrastruktur gelegt werden. Aktuell fehlt es an fast allem: an Wasserstoff als Antriebsmittel, an Tankstellen und an Lastwagen mit Brennstoffzellen.

Ziel: Über 1.000 Fahrzeuge in wenigen Jahren

Ziel des Clusters ist es aber, dass die ersten bis zu 50 Lkw bereits im kommenden Jahr unterwegs sind. In „wenigen Jahren sollen es über 1.000 Fahrzeuge“ sein, sagte der Fuldaer Regional-Manager, Christoph Burkard.

Bis dahin muss erstmal genug Wasserstoff über Importe beschafft oder selbst produziert werden. Mustergültig erscheint dabei das Projekt des Windkraft-Unternehmens Abo Wind. Im Sommer 2024 soll in Hünfeld-Michelsrombach (Fulda) Windstrom von einer geplanten Anlage genutzt werden, um Wasserstoff herzustellen und diesen in eine Tankstelle einzuspeisen. Bereits genehmigt ist auch eine weitere Tankstelle in Eichenzell (Fulda). Weitere sollen folgen.

So werden Lkw an Tankstellen mit Wasserstoff befüllt. Der Tankvorgang soll nicht viel länger dauern als mit gewöhnlichem Kraftstoff. Bild © picture-alliance/dpa (Archiv)

Tankstellen sind noch rar

Wasserstoff-Tankstellen sind in Hessen nach Angaben der LEA rar. Im Industriepark Höchst in Frankfurt gebe es eine für Lkw und übers Bundesland verteilt nicht mal ein Dutzend weitere für Autos. Eine europaweite Übersicht befindet sich hier.

Wenn dann genug Zapfsäulen vorhanden sind, soll das Tanken ähnlich schnell gehen wie mit gewohntem Treibstoff. Das lange Warten aufs elektrische Aufladen von Batterien entfällt also – für größere Lastwagen ohnehin undenkbar.

Wasserstoffbetriebene Lkw sind derzeit auch schwer zu bekommen – und sie sind teuer. Ein Wasserstoff-Brummi koste in etwa 800.000 bis eine Million Euro – und somit das Doppelte eines Diesel-Lasters, erklärte der Christoph Helmke von der Spedition Zufall, einem der größten Logistiker in Osthessen.

Nachteile: Höhere Kosten bei geringerer Reichweite

Daher wird es für viele Unternehmen anfangs vor allem auf ein Leasing von Fahrzeugen hinauslaufen. Ein weiterer Nachteil: die mangelnde Reichweite. Wasserstoff-Lkw schaffen im Vergleich zu Diesel-Lkw meist nur die Hälfte der Reichweite, wie Helmke sagte. Nichtsdestotrotz will auch Zufall sich rasch um Wasserstoff-Lkw bemühen.

Der koreanische Hersteller Hyundai lieferte vor wenigen Monaten die ersten, vom Bund geförderten H2-Laster an deutsche Kunden. 27 Fahrzeuge gingen an sieben Unternehmen aus Logistik, Produktion und Handel. In der Schweiz hingegen sind bereits mehr als 50 Lastwagen unterwegs. Sie haben laut Hersteller schon mehrere Millionen Kilometer zurückgelegt – und sind damit schon wesentlich weiter gekommen als in Deutschland.

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